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Gipfeltreffen in Brüssel Ukraine-Unterstützung der EU bekommt Risse

Die Ukraine hofft auf Beitrittsgespräche und Milliardenhilfen. Doch vor dem EU-Gipfel bröckelt Europas Einigkeit.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine betonen die Vertreter und Vertreterinnen der EU regelmässig ihre Unterstützung für die Ukraine. « As long as it takes – so lange wie nötig» ist zu einem politischen Leitsatz geworden.

Doch vor dem EU-Gipfel ist offen, ob die reale Unterstützung, die die EU der Ukraine vor allem mit Finanzhilfen zukommen lässt, auch künftig mit der rhetorischen Unterstützung mithalten kann. Denn in Brüssel stehen während des am Donnerstag beginnenden EU-Gipfels wegweisende Beschlüsse für die Ukraine an.

Grünes Licht für Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine?

Die Staats- und Regierungschef wollen unter anderem darüber befinden, ob sie mit der Ukraine Verhandlungen über einen EU-Beitritt beginnen wollen. Die EU-Kommission hat sich im November für den Beginn von Beitrittsgesprächen ausgesprochen. Unter den EU-Staaten herrscht eigentlich breiter Konsens über solche Gespräche – zumal das lange noch keinen Beitritt bedeuten würde.

Die Flaggen der Ukraine, Ungarns und der Europäischen Union.
Legende: Noch ist in der EU keine Einigkeit vorhanden über Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und weitere Milliardenzahlungen an das Land. REUTERS / Thomas Peter

Doch ein Konsens reicht nicht aus: Der Entscheid muss einstimmig fallen. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat sein Veto angekündigt. In einem Interview mit der französischen Zeitung «Le Point» begründete er seinen Widerstand unter anderem damit, dass die Ukraine «eines der korruptesten Länder der Welt» sei.

Die Ukraine hatte vor dem EU-Gipfel ihre Erwartung an Brüssel klar formuliert. Man habe alle Voraussetzungen für die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen erfüllt, sagt der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski. «Wir glauben, dass auch die EU all ihre Versprechen gegenüber der Ukraine erfüllen wird.»

Einigung über weitere Finanzhilfen für die Ukraine?

Doch noch viel wichtiger als die Beitrittsverhandlungen ist für die Ukraine zurzeit das Geld. Die EU-Kommission will der Ukraine in den kommenden vier Jahren zusätzliche 50 Milliarden Euro zukommen lassen. Dafür muss das EU-Budget aufgestockt werden, dem aber alle EU-Staaten zustimmen müssen. Auch hier will Orbán sein Veto einlegen.

Beim Budget gibt es noch weitere offene Fragen. Denn die EU-Kommission würde das Budget gerne noch um weitere 16 Milliarden Euro aufstocken. Dieses Geld soll beispielsweise im Bereich Migration eingesetzt werden. Die offene Frage: Woher kommt das Geld?

Die EU-Kommission will mehr Geld von den Mitgliedstaaten. Doch viele Staaten winken ab und wollen Geld aus dem bestehenden Budget umschichten. Italien wiederum will mehr Geld für die Unterstützung von Grenzregionen, in denen viele Asylsuchende ankommen. Die Budgetfrage ist komplex und geht weit über Orbáns mögliches Veto hinaus. Lange Verhandlungen sind zu erwarten.

EU gibt am Vorabend des Gipfels Milliarden für Ungarn frei

Offen ist, ob ein Entscheid der EU-Kommission vom Mittwochabend die Dynamik des Gipfels beeinflussen wird. Mehr als 30 Milliarden Euro für Ungarn hielt die EU-Kommission zuletzt wegen Korruption und Rechtsstaatsmängeln zurück. Doch just am Abend vor dem Gipfel entschied die Kommission, 10 Milliarden davon freizugeben.

Sie begründet den Schritt damit, dass Ungarn mit den jüngsten Justizreformen die vereinbarten Anforderungen dafür erfüllt habe. Ob Orbán sich durch die Zahlung von seiner Blockadehaltung abbringen lässt, ist fraglich. Bereits vor dem Entscheid der Kommission hatte Orbán angekündigt, auch nach einer Freigabe der Gelder nicht von seiner Haltung zum Thema Ukraine abzuweichen.

Tagesschau, 10.12.2023, 19:30 Uhr

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