Ende Oktober klopfen orthodoxe Priester in Bukarest normalerweise auf Holzkreuze, die sie auf den Schultern tragen. Ein langer Zug von Geistlichen und Gläubigen begleitet die Reliquien des heiligen Demetrius durch die Strassen von Bukarest.
Nur 200 Gläubige zugelassen
Die Prozession des Stadtheiligen ist auf Geheiss der Regierung dieses Jahr abgesagt. Zu gross ist das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus.
Zwar fand der grosse Gottesdienst zu Ehren des heiligen Demetrius diese Woche statt, doch es durften gerade mal zweihundert Gläubige teilnehmen.
Der Besuch am Reliquienschrein mit den Überresten des Heiligen war zwar erlaubt, aber nur für Bewohnerinnen und Bewohner von Bukarest. Die zehntausenden Gläubigen, die normalerweise von auswärts in die Hauptstadt pilgern, müssen anderswo für ein Wunder beten. Das Küssen des Schreins war gestattet – aber nur durch die Maske
Kirche wollte die Wallfahrt nicht absagen
Man habe die Organisation der diesjährigen Feier ganz den epidemiologischen Vorschriften angepasst, versichert im rumänischen Fernsehen der Sprecher des rumänisch-orthodoxen Patriarchen.
Die Wallfahrt zum heiligen Demetrius abzusagen oder zu verbieten, kam für die rumänisch-orthodoxe Kirche nicht infrage. Man könne den Gläubigen doch nicht sagen, die heiligen Reliquien brächten Unheil.
Das sieht die Epidemiologin Andreea Moldovan ganz anders. Sie findet es überaus fragwürdig, dass überhaupt Pilgerfahrten zugelassen werden: «Da kommen genau jene Leute zusammen, die am meisten gefährdet sind – Alte und Kranke», sagt sie.
Einschränkung der Religionsfreiheit?
Die Kirche hatte sich ursprünglich gegen die Einschränkungen gewehrt. Und auch Catalin Raiu, der rumänische Delegierte für Religionsfreiheit bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, kritisierte das Verbot für auswärtige Pilger.
«Überall werden strenge Massnahmen gegen die Religionsfreiheit ergriffen», sagte er im staatlichen TV R. Bis zu einem gewissen Grad sei das auch legal. Aber in Rumänien habe man wohl übertrieben, so Raiu. Denn solche Einschränkungen der Religionsfreiheit dürften nicht kurzfristig erlassen werden, ausserdem müssten sie sorgfältig begründet werden. Schliesslich gehe es um ein Menschenrecht.
Kommt dazu: So gross in Coronazeiten der Wunsch nach Sicherheit ist, so gross ist bei vielen Gläubigen der Wunsch nach einem Wunder.