Zum Inhalt springen

Grenzkonflikt in Zentralasien Kirgistan wirft Tadschikistan Bruch der Waffenruhe vor

  • Nach einer Feuerpause an der Grenze von Kirgistan und Tadschikistan sind am Freitag wieder «intensive Kämpfe» ausgebrochen.
  • Beide Länder beschuldigen sich gegenseitig, die Kämpfe im Grenzgebiet trotz eines Waffenstillstandsabkommens wieder aufgenommen zu haben.
  • Mittlerweile sind rund 19’500 Menschen aus der Region geflohen. In der kirgisischen Grenzregion Batken wurden am Freitag etwa 120'000 Menschen evakuiert. 

Die heftigen Kämpfe im Grenzstreit zwischen den beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Kirgistan und Tadschikistan in Zentralasien spitzen sich zu. Auf kirgisischer Seite gebe es sowohl unter Soldaten als auch unter Zivilisten Todesopfer, hiess es aus dem nationalen Sicherheitsrat in der Hauptstadt Bischkek. Je nach Quelle ist die Rede von 4, 17 bis 27 Todesopfern. Kirgisische Behörden gehen von 24 Toten aus.

Aus der Grenzregion Batken wurden nach Angaben der kirgisischen Behörden rund 120’000 Menschen in Sicherheit gebracht. Fast 20’000 Menschen sind aus der Region bereits geflohen, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf die Rothalbmond-Organisation.

Für Freitagabend war eine Krisensitzung des kirgisischen Parlaments angesetzt worden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Land den Kriegszustand verhänge, sagte der Abgeordnete Dastan Bekeschew.

Die jüngsten Gefechte ereigneten sich während eines internationalen Gipfeltreffens im Nachbarland Usbekistan. Am Treffen nahmen neben den Präsidenten Russlands und Chinas, Wladimir Putin und Xi Jinping, auch die Staatschefs von Kirgisistan und Tadschikistan teil.

Waffenruhe vereinbart

Am Rande des Treffens der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) kam es auch zu einer Aussprache zwischen den Präsidenten der beiden Staaten. Der kirgisische Präsident Sadyr Dschaparow und der tadschikische Staatschef Emomali Rachmon vereinbarten dabei eine Waffenruhe ab Freitagmittag, wie das kirgisische Präsidialamt mitgeteilt hatte. Den beiderseitigen Truppenrückzug bestätigte auch Tadschikistan.

Die Waffenruhe sollte nach kirgisischen Angaben am Freitagmittag in Kraft treten und einen Truppenrückzug umfassen. Tadschikistan hatte diese Angaben bestätigt. Anschliessend jedoch erklärte der kirgisische Grenzschutz, tadschikische Kräfte hätten erneut zwei Dörfer auf der kirgisischen Seite beschossen.

Die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit

Box aufklappen Box zuklappen

Erstmals seit drei Jahren fand das Gipfeltreffen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) wieder in Anwesenheit der Staats- und Regierungschefs statt. Wegen der Pandemie hatte die sogenannte Schanghai-Gruppe nur virtuell konferiert.

Die SCO war 2001 für den Kampf gegen den Terrorismus gegründete worden. Ihr gehören China, Russland, Indien, Pakistan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan an. Beim aktuellen Treffen wurde der Iran aufgenommen, der wie Belarus und die Mongolei Beobachterstatus hatte. Zudem begann der Prozess für die Aufnahme von Belarus. Partnerländer der SCO sind Armenien, Aserbaidschan, Kambodscha, Nepal, Sri Lanka und die Türkei.

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor mehr als 30 Jahren streiten die beiden Länder Tadschikistan und Kirgistan (auf Karten oft auch Kirgisistan genannt) bis heute über den Verlauf der rund 1000 Kilometer langen Grenze an zahlreichen Stellen.

Auch in anderen Regionen an den Rändern der ehemaligen Sowjetunion eskalieren seit Jahren schwelende Konflikte. So griff vor einigen Tagen im Südkaukasus Aserbaidschan sein Nachbarland Armenien an. Russland zählt diese ehemaligen Sowjetrepubliken ebenso zu seinem Einflussbereich wie die Ukraine.

EDA passt Reisehinweis für Kirgistan und Tadschikistan an

Box aufklappen Box zuklappen

Wegen der schweren Kämpfe hat das Schweizer Aussendepartement die Reisehinweise für Kirgistan und Tadschikistan angepasst. Zu einer Reise in das umkämpfte Grenzgebiet wird abgeraten.

Es werde davon abgeraten, in die Grenzregion Batken sowie in den Bezirk Chon Alay der Region Osh in Kirgistan zu reisen, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Samstag im Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Trotz des Waffenstillstands vom 16. September sei es in der Nacht auf Samstag zu Kampfhandlungen gekommen. Die Lage bleibe in den Grenzgebieten angespannt. Eine geografische Ausweitung des Konflikts könne nicht ausgeschlossen werden.

In Tadschikistan wird in der Provinz Sughd zu Reisen ins Grenzgebiet zu Kirgistan und in den Districts of Republican Subordination von Reisen in den Distrikt Lakhsh abgeraten. Reisende sollen sich bei ihrem Reiseveranstalter oder den lokalen Sicherheitskräften über die aktuelle Lage in den genannten Gebieten informieren und erhöhte Vorsicht walten lassen.

SRF 4 News, 16.09.2022, 21 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel