Die Nachbarn hörten die junge Frau noch laut rufen: «Ich verlasse Dich!». Am nächsten Morgen entdeckte man sie, misshandelt bis zur Unkenntlichkeit, unter einem Blätterhaufen, ein Fuss ragte heraus. Ihr ehemaliger Partner wurde wegen dringenden Tatverdachts festgenommen. Sie wäre, nach acht Monaten, bereits das hundertste Todesopfer im laufenden Jahr.
Prävention, Klagen und Strafverfolgung
Frankreichs Regierung arbeitet jetzt an einem Aktionsplan gegen häusliche Gewalt. Bis Ende November sollen Experten von Opferorganisationen, von Polizei, Justiz- und Sozialbehörden nach Lösungen suchen, wie die Gesellschaft Gewalt gegen Frauen wirksamer bekämpfen könnte.
Erste Massnahmen hat die Regierung zur Eröffnung der rund drei Monate dauernden Konferenz angekündigt. Es geht um Verbesserungen bei der Prävention und der Betreuung von Opfern, aber auch bei der Verfolgung der Täter durch die Justiz. Zum Beispiel sollen Frauen künftig ihre Klage bereits im Spital einreichen können, wo sie ihre Verletzungen behandeln lassen.
Spezialisierte Staatsanwälte
Ziel sei es, solche Fälle künftig innerhalb von zwei Wochen abzuschliessen. Die Untersuchung sollen Staatsanwälte führen, die speziell dafür ausgebildet wurden. Dieses Modell wird nun in einigen Amtsbezirken getestet, bevor es auf ganz Frankreich ausgedehnt werden soll.
Weil die Regierung aber das Budget der Justizbehörden nicht aufstocken will, befürchten Staatsanwältinnen und Richter, dass diese Verbesserungen bei den ohnehin überlasteten Justizbehörden zur Verschleppung von Fällen in anderen Bereichen führen wird.
Viel zu wenig Platz in Frauenhäusern?
Fünf Millionen Euro zusätzlich will die Regierung in Verbesserungen bei der Betreuung von Opfern investieren. Bis Anfang nächstes Jahr sollen 1000 zusätzliche Plätze in Frauenhäusern entstehen, als Ergänzung zu den 5000, die es in Frankreich schon gibt. Dies sei viel zu wenig, monieren Frauenorganisationen. Es brauche zumindest 2000 neue Plätze.
Sie berufen sich dabei auf einen Bericht der nationalen Gleichstellungskommission. Diese hatte der Regierung kürzlich empfohlen, die Mittel für den Kampf gegen häusliche Gewalt und für Opferhilfe massiv zu erhöhen, von bisher rund 80 Millionen Euro auf 500 Millionen. Nach Berechnungen von Frauenorganisationen wäre sogar rund eine Milliarde Euro nötig. Der Schaden für die Opfer und die Gesellschaft sei wesentlich grösser.