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Handelskrieg USA-China Was, wenn keine der Weltwirtschaftsmächte nachgibt?

China und die USA decken sich mit Zöllen und Gegenzöllen ein. Zwei US-Ökonomen warnen vor Dauer-Chaos im Welthandel.

«Handelskriege sind einfach zu führen», sagte US-Präsident Donald Trump, bevor es Anfang Juli offiziell losging. In Bezug auf China geht seine Rechnung so: Die USA importieren viel mehr Güter aus China als umgekehrt. Deshalb können die USA auch viel mehr schmerzhafte Zölle erheben. Irgendeinmal muss China einlenken.

Doch geht diese Rechnung auf? Ja und Nein, meint der Ökonom und China-Spezialist Joshua Meltzer von der Denkfabrik der Brookings Institution: «Das stimmt bis zu einem gewissen Grad.» Tatsächlich würden die Chinesen schon jetzt keine US-Importe im Wert von 200 Milliarden Dollar finden, um bei den Zöllen gleichzuziehen, sagt Meltzer.

Die Chinesen haben ein grosses Spektrum, um zurückzuschlagen.
Autor: Joshua Meltzer China-Spezialist bei der Brookings Institution

Aber sie hätten andere Mechanismen, die sie bedienen könnten, und die dem US-Handel schaden würden. China könnte etwa Investitionen oder Verkäufe behindern oder gar geistiges Eigentum schützen. «Sie haben ein grosses Spektrum, um zurückzuschlagen», schliesst Meltzer.

Doch die US-Regierung, soviel ist klar, lässt sich nicht abschrecken. Trump sucht diesen Kampf. Die USA wollen China zu fairen Handelspraktiken zwingen und ihr geistiges Eigentum schützen.

Berechtigtes Anliegen, unkluge Strategie

Meltzer findet das Motiv berechtigt. «Die US-Regierung hat die richtigen Probleme identifiziert, aber hat eine ziemlich schwache Strategie entwickelt.» Zölle würden auf dem heimischen Markt wegen chinesischer Gegenmassnahmen Kosten verursachen. «Und Zölle zielen nicht auf die fundamentalen Mängel in der chinesischen Wirtschaft ab, wie die staatliche Lenkung von Unternehmen oder die Cyberkriminalität», sagt der Brookings-Experte.

Vielleicht sieht die US-Regierung genau das als Strategie an, möglichst viel Chaos zu verursachen – damit die Gegner in der Panik Zugeständnisse machen.
Autor: Simon Lester Welthandelsexperte beim Cato Institute

Ein Ende des Handelskriegs ist nicht abzusehen. Verhandlungen zwischen Washington und Peking finden derzeit offiziell nicht statt. Deshalb gibt es keine ausformulierten Bedingungen. Aber weiss man in Washington, welche Zugeständnisse Chinas die USA zufriedenstellen könnten?

Die Frage geht an Simon Lester, Welthandelsexperte bei der konservativ-libertären Denkfabrik Cato Institute. «Leider kann niemand diese Frage beantworten. Vielleicht sieht die US-Regierung genau das als Strategie an, möglichst viel Chaos zu verursachen – damit die Gegner in der Panik Zugeständnisse machen», mutmasst Lester.

Und er fügt an: «Ich finde das problematisch. Es gibt soviel ich weiss kein Beispiel für den Erfolg einer solchen Verhandlungsstrategie.»

Showdown vor der WTO?

China hat gegen jede Zollmassnahme der USA Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht. Doch einer Streitbeilegung durch die WTO gibt Lester keine grossen Chancen: «Ich glaube nicht, dass es vor der WTO zu einem Showdown mit China kommt. Die USA haben ja bereits beschlossen, allein gegen China und alle anderen vorzugehen.» Lester rechnet deswegen eher mit einem Showdown zwischen der WTO und den USA.

Schon lange beanstanden die USA, dass der WTO das passende Regelwerk fehlt, um gegen Handelsverstösse des Mitgliedslandes China effizient vorzugehen, und verlangen eine Reform. Diese würde aber am Widerstand Chinas scheitern. Der Reformprozess ist deshalb blockiert. Die USA haben deshalb schon gedroht, sich aus der WTO zurückzuziehen.

Ein wenig realistisches Szenario, meint Meltzer von Brookings: «Alle nehmen diese Drohungen ernst, aber ein Rückzug aus der WTO wäre ein komplizierter Prozess, und im US-Kongress gibt es für ein solches Vorhaben keinen Appetit.»

Ausserdem müsse die US-Regierung auch nicht austreten. Sie könne einfach die Effizienz der WTO untergraben. «Und das tut sie auch schon», sagt Meltzer.

Trump und das Prinzip Chaos

Ein Ende des Handelskriegs zwischen den USA und China wäre laut Meltzer dann wahrscheinlicher, wenn die US-Konjunktur einbrechen sollte: «Die US-Wirtschaft ist im Moment stark, aber Prognosen sagen, dass im nächsten Jahr die aufputschende Wirkung der Steuerreform und anderer Staatsausgaben verpuffen könnte.» Dann würden die Kosten des Handelskriegs spürbar, und es wäre für die US-Regierung schwierig auf Konfrontationskurs zu bleiben, glaubt Meltzer.

Sein Kollege vom Cato-Institute geht davon aus, dass der Handelskrieg bis zum Ende der Amtszeit Trumps dauern wird: «Wir werden wahrscheinlich in der Handelspolitik noch zweieinhalb Jahre lang Chaos erleben, mit Drohungen und Angriffen, Streitigkeiten und Krieg.» Bei einer Wiederwahl Trumps wären es also sechseinhalb Jahre? Ja, das sei so, aber er habe das bloss nicht sagen wollen, meint der Welthandelsexperte Lester.

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