In den Vereinigten Arabischen Emiraten ist es in den vergangenen Tagen zu dramatischen Szenen gekommen. Die Niederschläge markierten die heftigsten Regenfälle in der Geschichte des Landes. Die staatliche Nachrichtenagentur spricht von einem «historischen Wetterereignis». Der internationale Flughafen in Dubai und wichtige Strassen standen innert Stunden unter Wasser. Die freie Journalistin Julia Neumann lebt in Beirut und berichtet regelmässig aus der Region.
SRF News: Wie gut sind die Vereinigten Arabischen Emirate auf solche Wetterextreme vorbereitet?
Julia Neumann: Wenn man sich generell die extremen Wetterbedingungen anschaut, die durch die Klimakrise in den Emiraten und in den anderen Golfstaaten bevorstehen und auch heute schon passieren – Stürme, Sturzfluten und natürlich auch Hitzewellen – muss man sagen, sind die Emirate nicht so gut vorbereitet.
Riesenprojekte wie der grösste Solarpark der Welt helfen nichts, um die Extreme, die wir jetzt schon sehen, zu vermindern.
Sturzregen kann ja aber immer wieder einmal eintreten. Was unternimmt die Regierung konkret?
Es gibt Dämme, aber die halten natürlich auch nur eine begrenzte Menge an Wasser zurück. Beim Thema Niederschlag könnte man ja eigentlich denken, dass das ein Segen für die Region ist. Nur das Problem ist: Wenn er in solchen Massen herunterkommt, dann kann man ihn halt kaum längerfristig verwenden – für die Landwirtschaft etwa. Und auch speichern lässt sich das Wasser nur schwer.
Macht die Regierung also genug?
Wenn wir vom menschengemachten Klimawandel und der Rolle der Golfstaaten, im Speziellen der Emirate, reden, dann sieht das nach aussen hin natürlich ganz toll aus. Da ist die Rede von wirtschaftlicher Diversifizierung. Man will weg von den fossilen Brennstoffen, hin zu den Alternativen. Dahingehend gibt es auch Riesenprojekte – den grössten Solarpark der Welt beispielsweise bei Dubai. All das hilft aber nichts, um die Extreme, die wir jetzt schon sehen, zu vermindern.
Es geht den Emiraten sehr stark darum, die CO₂-Emissionen zu senken – was auch gut ist. Aber es stellt sich die Frage: Muss das mit solchen Grossprojekten passieren? Auf der anderen Seite geht es nämlich nur sehr schleppend vorwärts, wenn es darum geht, die Städte beispielsweise so umzubauen, dass die Menschen besser vor solchen extremen Wetterereignissen geschützt sind.
Das Engagement der Vereinigten Arabischen Emirate ist also ein zweischneidiges Schwert?
Es ist viel Greenwashing. Die Wetterextreme treffen vor allem die ärmere Bevölkerung. Das ist generell so, in den Emiraten aber besonders. Städte wie Dubai, Riad oder Doha sind enorm reich und haben die finanziellen Mittel, um neu zu bauen oder umzubauen.
Die vielen ausländischen Arbeiter und Arbeiterinnen auf Baustellen, in Haushalten oder bei der Müllabfuhr können sich mit dem wenigen Geld, das sie da unter den widrigen Bedingungen verdienen, gar nicht so an die Klimakrise anpassen wie die reicheren Emiratis.
Welche Folgen haben die Wetterextreme für die Region?
Wegen der steigenden Meeresspiegel werden in Zukunft zirka 12 Prozent der Bevölkerung in den Golfstaaten vertrieben werden, weil sie nicht mehr in Küstengebieten leben können. Die künstlichen Inseln, die vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate aufgeschüttet wurden, werden auf jeden Fall untergehen.
Bis 2050 wird es zirka ein bis drei Grad wärmer. In 75 Jahren könnte es fast 50 oder sogar 60 Grad im Sommer werden. Dann sind nicht nur Städte, sondern ganze Länder unbewohnbar.
Das Gespräch führte Tim Eggimann.