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Heikles Diamantengeschäft Putins Edelsteine in der Schweizer Luxusbranche

Seit einigen Jahren stammen die Diamanten auf Luxusuhren, Eheringen, Halsketten oder Ohrringen zu einem grossen Teil aus Russland, aus den Minen des Alrosa-Konzerns in Sibirien. Der russische Staat ist Hauptaktionär von Alrosa, der die englisch dominierte De-Beers-Gruppe als Marktführer abgelöst hat.

Die USA haben am 11. März den Import von russischen Rohdiamanten verboten. Die EU und die Schweiz haben die Sanktionen bis heute nicht übernommen. Der Import bleibt legal. Trotzdem wollen die wichtigsten Schweizer Uhren- und Schmuckkonzerne jetzt auf russische Diamanten verzichten, wie die Richemont-Gruppe (Hauptmarke Cartier), die Swatch-Gruppe und Rolex gegenüber der Rundschau erklären. Die Konzerne würden aus ethischen Gründen handeln. Und wohl auch, um ihr Geschäft mit den USA nicht zu gefährden, dem wichtigsten Exportmarkt der Schweizer Luxusgüterindustrie. 

Konzerne wollen Garantien

Die drei Konzerne wollten sich nicht zu den Kontrollmechanismen äussern, mit denen sie sicherstellen, dass Alrosa-Diamanten nicht mehr in die Lieferkette gelangen. Der frühere Präsident des Branchenverbands Responsible Jewellery Council, Charles Chaussepied, ein Brancheninsider, erklärte in der Rundschau, dass die grossen Schweizer Konzerne von ihren Diamantlieferanten entsprechende Garantien verlangen: «Sie müssen auf der Rechnung unterschreiben, dass die geschliffenen Diamanten nicht von Rohdiamanten stammen, die nach dem 11. März aus Russland eingeführt wurden.»

Die Verantwortung den Lieferanten zu übertragen, genüge nicht, sagt Hans Merket von der NGO International Peace Information Service IPIS in der Diamantenstadt Antwerpen: «Es geht um das Kundenvertrauen in ein emotionales Produkt. Man kann kein Vertrauen schaffen mit Gutgläubigkeit allein.» Den Weltmarktführer Alrosa aus der Lieferkette zu verbannen, sei keine einfache Aufgabe. 

Keine Konfliktdiamanten

International gelten russische Diamanten nicht als Blut- oder Konfliktdiamanten. So bezeichnet der Kimberley Prozess (KP), eine UNO-Organisation mit 80 Mitgliedsstaaten, bislang nur Diamanten, die von Rebellenbewegungen geschürft werden. An der Plenarsitzung im Juni stellte die Delegation der USA den Antrag, den Begriff Konfliktdiamanten auch auf Russland auszuweiten. Die Schweiz unterstützte den Antrag, der aber am Widerstand von Russland und China scheiterte. Der KP zertifiziert russische Diamanten weiter als konfliktfrei und Staaten wie Indien importieren sie in grossen Mengen, wie Industriedaten zeigen.

Einmal in der Handelskette, können die russischen Steine zwischen den wichtigen Umschlagplätzen wie Mumbai, Dubai und Antwerpen hin- und hergeschickt werden. Die Steine werden dabei sortiert und mit Diamanten gleicher Grösse, aber anderer Herkunft zu neuen Paketen geschnürt. So verliert sich die Spur der Alrosa-Diamanten. 

In den Schleifwerkstätten in Indien, wo 90 Prozent der weltweit geschürften Rohdiamanten verarbeitet werden, verliert sich die Spur weiter. Die Uhrenindustrie braucht kleine und kleinste Brillanten. Sie werden nach dem Schleifen nach Grösse sortiert und nicht nach Herkunft.

Herkunftsbestimmung unmöglich

Es dürfte den Schweizer Uhrenkonzernen nicht leicht fallen, die bisherige Praxis zu ändern, sagt Diamantaire Walter Muff, früher Leiter des Diamantverkaufs bei Gübelin: «Bei den kleinen Steinen ist es aus praktischen Gründen fast nicht möglich, einwandfrei eine saubere Herkunftsbestimmung zu machen. Die werden im Verarbeitungsprozess gemischt, wie die Äpfel verschiedener Bauern, die Most machen. Unmöglich zu sagen, von welchem Bauern die Äpfel im Most stammen.»

SRF Rundschau, 14.09.2022, 20:05 Uhr

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