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Hinrichtungen in Asien Malaysia schafft obligatorische Todesstrafe ab

Bei gewissen Delikten wie Mord, Drogenhandel oder Entführung ist die Todesstrafe in Südostasien offiziell noch weitverbreitet – etwa in Singapur, Indonesien, Thailand oder Vietnam.

Sie galt auch in Malaysia bei mehr als 30 Delikten und war sogar bei elf Verbrechen zwingend. Nun weicht Kuala Lumpur dieses Obligatorium auf.

Das ändert sich mit der Justizreform

Mit der Gesetzesänderung liegt es ab jetzt im Ermessen der malaysischen Richterinnen und Richter, welche Strafe im jeweiligen Fall anzuwenden ist. «Ich schätze, dass Richter zum Beispiel bei Drogenhandel jetzt weniger häufig die Todesstrafe verhängen werden», sagt Jennifer Johnson, ARD-Korrespondentin in Singapur. Bei Mord hingegen könne sie sich dieses Urteil weiterhin vorstellen.

Weisser Hintergrund und davor in hellgrau, als Umrisse eine Person und Seil, zum Erhängen dieser.
Legende: Momentan befinden sich in Malaysia 1324 Menschen im Todestrakt, davon 484 ausländische Personen. Die Todesstrafe wurde durch Erhängen oder Erschiessen vollstreckt. Seit 2018 gilt ein Moratorium. (Symbolbild) Imago/Dan Comaniciu

Momentan sitzen in Malaysia rund 1300 Menschen in einem Todestrakt. Da die neuen Gesetze auch rückwirkend gelten, können sie innerhalb von 90 Tagen eine Urteilsüberprüfung beantragen. Allerdings, so stellt Johnson auch fest, werden Verurteilungen damit nicht generell aufgehoben. Eher würden sie umgewandelt werden – zum Beispiel in Prügelstrafe, Stockhiebe oder lebenslanger Haft.

Auch die lebenslange Freiheitsstrafe hat mit der Rechtsreform eine neue Definition erhalten, sie dauert jetzt zwischen 30 und 40 Jahren. Zuvor verstand man darunter eine Strafe, welche man wirklich bis zum natürlichen Tod im Gefängnis abzusitzen hatte.

Seit Jahren keine Todesstrafe mehr durchgeführt

In Malaysia sind auch so viele Menschen im Todestrakt, weil das Land seit 2018 keine Todesstrafen mehr vollstreckt hat. Die Regierung verhängte ein Moratorium. Warum also die Todesstrafe nicht gleich ganz abschaffen?

Gemäss Johnson befindet sich die Regierung in einem Dilemma. Denn innerhalb Malaysias gebe es zwei Gruppen: Die eine ist sehr progressiv und fortschrittlich – dies betrifft vor allem die städtische Bevölkerung. Aber es gibt auch eine sehr konservative Gruppe, und diese stehe wirklich noch hinter der Todesstrafe. Diese argumentiert damit, dass die Todesstrafe eine abschreckende Funktion habe und so die Öffentlichkeit schützt – etwa vor Mord, Entführung oder Missbrauch. Gemäss Johnson muss man dazu auch im Hinterkopf haben, dass Malaysia mehrheitlich muslimisch ist. Die Todesstrafe sehen vielen Malaysiern durch den Koran und seine Lehre gedeckt.

Braune Gebäude, grüne Palmen und graue Strasse im Hintergrund. Im Vordergrund ein Springbrunnen.
Legende: Das Gerichtsgebäude in Kuala Lumpur: Zukünftig haben Richterinnen und Richter mehr Entscheidungsspielraum. Imago/Adrian Baker

Die Regierung bewegt sich also auf einem schmalen Grat zwischen ihrem eigenen Interesse – gerade ist eine eher progressive Regierung an der Macht –, die Todesstrafe schrittweise abzuschaffen; aber eben auch dem konservativen Teil innerhalb der Regierung und der Bevölkerung zu entsprechen, erklärt Johnson.

Schritt hin in Richtung mehr Menschenrechte?

Dennoch sei die jetzige Gesetzesanpassung ein grosser Schritt in die richtige Richtung, schätzt Johnson. Auch Menschenrechtsorganisationen begrüssen sehr, was gerade in Malaysia passiert. Sie sagen aber auch, dass es noch nicht genug sei und fordern, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.

Zudem hoffen sie auch, dass die Gesetzesänderungen Signalwirkung auf die Nachbarländer haben. Zum Beispiel auf Singapur, wo im vergangenen Jahr mehr als zehn Menschen wegen Drogenhandels hingerichtet wurden.

Radio SRF 4 News, 17.4.2023, 9:16 Uhr ; 

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