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Russland: Hochwasserkatastrophe und wütende Flutopfer
Aus Rendez-vous vom 11.04.2024. Bild: Keystone/Anatoly Zhdanov
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Hochwasserkatastrophe Die russischen Flutopfer sind wütend – aber nicht auf Putin

Die Überschwemmungen im russischen Ural-Gebirge, in Sibirien und Kasachstan haben über 110'000 Menschen aus ihren Häusern getrieben – und die Pegelstände steigen weiter: Der Höchststand dürfte erst in zwei Wochen erreicht sein.

Besonders dramatisch ist die Lage in Orenburg, 1200 Kilometer südlich von Moskau. Immer mehr Menschen verlassen ihr Hab und Gut und flüchten aus der Region. Mit dem Pegel steigt laut SRF-Russland-Korrespondent Calum MacKenzie nun auch die Wut der Einwohnerinnen und Einwohner auf die örtlichen Behörden.

Calum MacKenzie

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Was kritisieren die Flutopfer besonders?

Die Überschwemmungen haben in der Stadt Orsk mit einem Dammbruch am Fluss Ural begonnen. Die Menschen kritisieren, der Damm sei fehlerhaft gebaut worden und vor allem, dass der Bürgermeister nur zwei Tage zuvor versichert hatte, der Damm werde halten und es gebe keinen Grund zur Sorge. Im Nachhinein behaupteten die Behörden dann, die Leute hätten Warnungen ignoriert – Warnungen, die es gar nicht gegeben hat. Das macht die Leute wütend.

Haben die eigentlich verbotenen Proteste etwas gebracht?

Die lokalen Behörden haben gemerkt, dass sie es mit sehr aufgebrachten Menschen zu tun haben und haben höhere und ausgeweitete Hilfszahlungen versprochen. Auch das wird jetzt als zu wenig kritisiert, aber die Behörden behaupten, zu einem späteren Zeitpunkt werde es dann «echte» Kompensationszahlungen geben.

Richtet sich die Wut nicht gegen die Regierung in Moskau oder gegen Putin?

Die Leute sagen, wegen Korruption in der Lokalverwaltung sei der Damm schlecht gebaut gewesen. In vielen Fällen bitten die Betroffenen Präsident Wladimir Putin um Hilfe. In den letzten Jahren hat der Kreml diese Wahrnehmung bewusst kultiviert, dass die lokalen Behörden schuld seien, wenn etwas schiefläuft – und Moskau dazu da sei, das Problem zu lösen. Putin gibt jährlich Pressekonferenzen, bei denen einfache Leute anrufen und sich zum Beispiel über die kaputten Strassen in ihrer Stadt beschweren. Putin befiehlt dann jeweils, die Strassen zu reparieren. Die Strategie funktioniert, das haben wir im Winter gesehen, als in mehreren Städten die Heizung ausfiel. Da haben die Leute auch Putin gebeten, einzuschreiten.

Russland ist flächenmässig das grösste Land der Welt. Wie steht es um die Infrastruktur?

Ausserhalb der grössten Städte ist die Infrastruktur flächendeckend in einem schlechten Zustand. Und hier sieht man, weshalb der Kreml die Schuld immer auf die lokalen Behörden abschieben will. Die Regionen Russlands sind chronisch unterfinanziert – und das ist ein bewusster Entscheid der Regierung in Moskau, die sich lieber selbst bereichert und in eigene Projekte investiert. Mit dem Krieg hat das einen Höhepunkt erreicht, zugunsten der Rüstung wird jetzt an verschiedenen Orten noch mehr gespart.

Was kommt auf Russland mit dem Klimawandel noch zu?

Wie bei der Infrastruktur fehlt dem Kreml beim Klimawandel der langfristige Blick. Das zeigen diese Überschwemmungen gut – sie sind passiert, weil man nicht damit gerechnet hat, dass der Schnee so schnell schmilzt. Und Russland kämpft auch mit immer häufigeren Waldbränden und mit dem Permafrost, der auftaut. Es wird nicht wirklich an Lösungen für diese Probleme gearbeitet – mit dem Krieg ist auch das jetzt umso mehr der Fall.

Rendez-vous, 11.04.2024, 12:30 Uhr;

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