«70 ist das neue 60», sagen sich heute viele «Aktivrentner» – und das absolut zurecht. Sie wandern, bilden sich fort, machen Yoga oder planen den nächsten Städtetrip. Aber warum arbeiten sie eigentlich nicht mehr?
Diese Frage stellt man sich offenbar in Dänemark. Dort soll das Rentenalter auf 70 Jahre angehoben werden – und das durch eine sozialdemokratisch angeführte Regierungskoalition. Schweizer Sozialdemokraten müssen erst einmal tief schlucken.
Wie in vielen Ländern auch steht die Alterspyramide in Dänemark Kopf. Die Boomer-Generation geht in Rente, dahinter stehen die ungleich geburtenschwächeren Jahrgänge in Lohn und Brot.
Schrittweise Erhöhung bis 2040
Derzeit liegt das Rentenalter in Dänemark bei 67 Jahren – unabhängig vom Geschlecht. Bis 2040 soll es nun stufenweise auf 70 Jahre erhöht werden. Damit hätte Dänemark nach aktuellem Stand das höchste Rentenalter in Europa.
Begründet wird der drastische Schritt mit Argumenten, die auch hierzulande bestens bekannt sind: Durch die Erhöhung des Rentenalters soll die Altersvorsorge gesichert und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Schon seit 2006 ist das Rentenalter in Dänemark an die Lebenserwartung gekoppelt. Alle fünf Jahre wird es angepasst.
Mit dem Rentenalter 70 dürfte die Schmerzgrenze aber erst einmal erreicht sein. Sowohl bei der Bevölkerung wie auch in der Politik. In den vergangenen Wochen hatten es auch Proteste der Gewerkschaften gegen die Pläne gegeben. Sie kritisierten die Reform in dem wohlhabenden Land als sozial ungerecht.
Bis 70 auf dem Bau schuften?
Eine weitere Kritik: Für Menschen, die körperlich anstrengende Arbeiten verrichten, könnte das Rentenalter 70 zu einer enormen Belastung werden. «Für das Personal in der Pflege oder in Handwerksberufen wird das herausfordernd», berichtet SRF-Nordeuropakorrespondent Bruno Kaufmann. Ausnahmen vom Renteneintritt mit 70 sind keine vorgesehen – auch nicht für Leute, die beispielsweise auf dem Bau arbeiten.
Auch aus vielen Städten und Gemeinden wird nun der Ruf laut, dass Schluss sein muss mit der automatischen Erhöhung des Rentenalters. Gerade in sozialdemokratischen Kreisen flamme zunehmend Kritik auf, so Kaufmann.
Das Rentensystem ist im Lot
Noch im vergangenen Jahr widersetzte sich auch die sozialdemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen den Plänen, das Rentenalter noch weiter zu erhöhen. «Wir können den Menschen nicht immer wieder sagen, dass sie noch ein Jahr länger arbeiten sollen.» Nun schwenkten sie und ihre Partei um.
Die gute Nachricht: Das dänische Rentensystem ist im Lot, seit das Rentenalter an die Lebenserwartung gekoppelt wurde. «Es macht keine Verluste und das Sozialsystem wurde entlastet», so Kaufmann. Und die Pensionäre sind finanziell besser abgesichert. Mit dem Rentenalter 70 sei aber wohl eine symbolische Grenze erreicht, schliesst der Korrespondent.