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Homophobie in Afrika Ghanas Bevölkerung soll künftig alle LGBTQ-Menschen anzeigen

Ghana will die LGBTQ-Gemeinde per Gesetz isolieren. Haft droht selbst jenen, die Schwule kennen und nicht denunzieren. Der einstimmige Parlamentsbeschluss muss noch vom Präsidenten unterzeichnet werden.

Das Parlament im westafrikanischen Küstenstaat Ghana hat Mitte Woche einstimmig ein Gesetz mit schweren Strafen gegen schwule, bisexuelle, trans und queere Menschen verabschiedet. Das «Gesetz über menschliche sexuelle Rechte und ghanaische Familienwerte» droht allen mit Haft bis zu fünf Jahren, die sich als LGBTQ identifizieren oder entsprechende Aktivitäten fördern, finanzieren oder sonst irgendwie unterstützen.

Noch ist das Gesetz nicht in Kraft. Aber es gilt als wahrscheinlich, dass Präsident Nana Akufo-Addo die Regelung nach den Wahlen im Dezember unterzeichnet. Neu würden dann auch Personen bestraft, die den Behörden nicht melden, wenn sie LGBTQ-Menschen und Aktivitäten beobachten. Betroffen wären aber auch Journalistinnen und Journalisten, die über queere Themen berichten.

Der Paradigmenwechsel

Bereits heute gilt in Ghana zwar ein Gesetz, das homosexuelle Handlungen verbietet. Es wird allerdings nicht sonderlich ernstgenommen, und die Bevölkerung stand Homosexuellen an sich offen gegenüber. In der Hauptstadt Accra gab es ganze Quartiere und zahlreiche Treffpunkte, wo alle hingehen und sich selbst sein konnten.

Ghana steht mit dem neuen Gesetz ein Paradigmenwechsel bevor. Ganz im Unterschied etwa zu Uganda, das bereits vor der im letzten Jahr eingeführten Todesstrafe für homosexuellen Geschlechtsverkehr schon restriktiv war.

Protest in New York.
Legende: Die Gesetzespläne in Ghana lösten in der internationalen LGBTQ-Gemeinschaft bereits im Oktober 2021 Besorgnis aus. So auch bei der gebürtigen Ghanaerin Wilhelmina Nyarko, die seit 30 Jahren in Harlem in New York lebt. Keystone/AP/Emily Leshner

Der Entwurf für das Anti-LGBTQ-Gesetz in Ghana lag seit 2021 und damit ungewöhnlich lang im Parlament. In den letzten Monaten gab es Bemühungen, die Vorlage etwas abzumildern, indem etwa Therapien statt Haftstrafen für Verurteilte vorgeschlagen wurden. Dies wohl auch aus Sorge, Ghana könnte westliche Hilfsgelder verlieren, wie dies jetzt Uganda droht.

Das Kolonialismus-Argument

Trotzdem wurde der Entwurf jetzt sowohl von christlicher wie auch muslimischer Seite einstimmig verabschiedet. Ein oft gehörtes Argument: Der Begriff «queer» sei etwas «Unafrikanisches», ein vom Westen importierter und vorgeschriebener Wert, der Erinnerungen an den Kolonialismus wecke.

Es existiere nur das, wofür man einen Namen habe, zitierte ein politischer Beobachter ein Sprichwort. So gibt es in Ghana zwar Begriffe für schwule und lesbische Beziehungen, wogegen trans, bi und queer der Bevölkerung nicht bekannt sind und damit angeblich zu weit gehen.

Folgen sind bereits spürbar

Das Gesetz veränderte die LGBTQ-Gemeinschaft von der allerersten Parlamentsdebatte an. Bereits damals gab es erste Berichte über queere Menschen, die auf der Strasse verprügelt wurden. Ebenso über Fälle, wo Vermieter queeren Menschen die Wohnung kündigten oder die Miete erhöhten. Im Februar 2021 musste ein LGBTQ-Ressourcenzentrum in Accra nach einer Polizeirazzia schliessen, welches auch Informationen zur HIV und Aids angeboten hatte.

Inzwischen ist die LGBTQ-Gemeinschaft in Ghana weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Falls das Gesetz im Dezember in Kraft tritt, wird es in der Öffentlichkeit für queere Menschen und deren Unterstützer noch gefährlicher.

SRF 4 News, 01.03.2024, 08:24 Uhr

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