Die Huthi kontrollieren zwei Drittel der jemenitischen Bevölkerung auf einem Gebiet, das weit über ihre eigentlichen Stammlande hinausreicht. Sie tun dies mit politischer Repression, mafiösen Geschäftsgebaren und religiösem Eifer.
Gleichzeitig wissen die Huthi geschickt Kapital zu schlagen aus der Konfrontation mit Israel und dem Westen. Sie erklären sich zur Speerspitze des arabischen Widerstands. Das stürze viele Menschen im Jemen ins Dilemma, sagt Abdulghani Al-Iryani vom renommierten Thinktank Sanaa Center for Strategic Studies. Er war zuvor Jemen-Berater für eine Reihe von UNO-Organisationen und die Weltbank.
«Sie sehen, wie korrupt und brutal die Huthi sind. Doch man anerkennt gleichzeitig, dass die Rebellen für die palästinensische Sache kämpften und hält deswegen bis auf Weiteres zu ihnen», so Abdulghani Al-Iryani.
Die Huthi nutzen den Krieg in Gaza
Solidarität mit Palästina sei nicht nur Rebellenpropaganda. Es gebe ein tiefes Mitgefühl im Jemen für die palästinensische Bevölkerung, sagt der Experte. Und je schockierender die Zustände in Gaza, umso effektiver spielten die Huthi diese Karten.
Schon kurz nach Beginn des Gaza Krieges begannen die israelfeindlichen Milizen den internationalen Schiffsverkehr im Roten Meer zu torpedieren und auch Israel direkt zu beschiessen.
Das hatte seinen Preis. Israel und die USA haben Raketenstellungen, aber auch Infrastruktur im Gebiet unter der Kontrolle der Huthi zerstört.
«Den Preis bezahlte vor allem die Bevölkerung. Die Stromversorgung brach zusammen, Unbeteiligte wurden getötet. Die Huthi-Führung dagegen konnte die Schäden wegstecken», so Abdulghani Al-Iryani.
Das Schattenregime von Sanaa
Aber gilt das auch, wenn ranghohe politische und militärische Repräsentanten getötet werden? Traf Israel letzte Woche nicht den Kern des Regimes? «Mitnichten», sagt Abdulghani Al-Iryani. Wer das glaube, verkenne die Struktur der schiitischen Rebellenorganisation.
Die eigentliche Führung der Huthi arbeitet im Verborgenen.
«Was Israel erreichte, war ein schneller Propagandaerfolg, mehr nicht.» Denn die Regierung sei nur eine Fassade, das Regime in Sanaa bestenfalls nach aussen als eine normale Verwaltung organisiert. «Die eigentliche Führung der Huthi arbeitet im Verborgenen», sagt Abdulghani Al-Iryani.
Der Jemen ist ein Spielball der Regionalmächte
Die Huthi sind straff geführt, aber nicht einstimmig. Es gibt auch pragmatische Kräfte. Was wäre, wenn diese an Gewicht gewinnen und die Deeskalation suchten? Al-Iryani will es nicht völlig ausschliessen, hält aber auch das für unwahrscheinlich.
Zuletzt setzten die Israelis und die USA auf spektakuläre Angriffe aus der Luft. Vor ihnen versuchten die Saudis und die Emiratis, die Huthi von der Macht zu vertreiben. Vergebens.
Dass der Krieg zu keinem Ende komme, liege gerade an der fortwährenden Einmischung von aussen: «Die externe Intervention gibt den Huthi immer aufs Neue wieder die Möglichkeit, sich als die wahren Verteidiger der Heimat in Szene zu setzen.»
«Nur die Jemeniten selbst können mit den Huthi fertig werden», ist Abdulghani Al-Iryani überzeugt. Er plädiert schon lange für eine föderalistische Neuordnung. Alle Versuche, das heterogene, von Stammesinteressen geprägte Land zentral zu steuern, seien illusorisch.
Doch von einer Lösung sei der Jemen heute nur noch weiter entfernt.