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Indische Angriffe auf Pakistan International sollten die Alarmglocken schrillen

In der Nacht ist passiert, was nach dem Terroranschlag in Kaschmir vor zwei Wochen erwartet worden war: Indien hat Raketen auf Ziele in Pakistan und im pakistanisch besetzen Teil Kaschmirs abgeschossen. Es sollen mehrere Menschen ums Leben gekommen und verletzt worden sein.

Die «Operation Sindoor» ist als Vergeltungsschlag für die Terrorattacke auf Touristen zu verstehen, bei dem fast ausschliesslich männliche indische Hindus getötet wurden. Die indische Regierung macht dafür das muslimische Pakistan verantwortlich – das alle Vorwürfe zurückweist und den indischen Angriff als «Akt des Krieges» wertet.

Die grosse Frage ist nun: Ist das der Auftakt zu einem grossen Krieg?

Eskalation ist nicht ganz auszuschliessen

Nach dem nächtlichen Raketenangriff des grossen Nachbarn hat Pakistan eine «angemessene Antwort» angekündigt. Die bestmögliche Variante wäre, dass es bei einem begrenzten Gegenschlag auf gleichem Niveau bleibt. Tit-for-tat – dies für das. Beide Seiten wahren ihr Gesicht. Die schlechtest mögliche Variante wäre, dass der Konflikt eskaliert.

Ganz auszuschliessen ist das nicht: Nach Angaben der internationalen Krisenbeobachter von der Crisis Group ist die Lage schon jetzt ernsthafter als 2019. Auch vor sechs Jahren war es nach einem Terroranschlag in Kaschmir zu einem begrenzten Schlagabtausch zwischen Indien und Pakistan gekommen. Danach hatte sich Indien den grössten Teil des bis dahin selbstverwalteten Bundesstaates Kaschmir als Unionsterritorium einverleibt. Seitdem wird der indische Teil Kaschmirs mit eiserner Hand direkt von Delhi verwaltet.  

Indiens Premier unter Zugzwang

Der indische Premierminister Narendra Modi hatte Kaschmir bisher stets als Erfolgsmodell dargestellt: Der hindu-nationalistische Politiker lobte sich dafür, die überwiegend muslimische Unruheprovinz stabilisiert zu haben – abzulesen an den steigenden Touristenzahlen in der landschaftlich schönen Gegend am Himalaya.

Doch der Terrorangriff vor zwei Wochen zeigt: Die Region im Norden Indiens ist alles andere als stabil. Das stellt Modis Politik infrage. Und setzt ihn unter Zugzwang. Er muss Stärke demonstrieren – nach innen und aussen. Der militärische Vergeltungsschlag gehört dazu, ebenso wie politische Massnahmen, etwa die Schliessung der Grenze zu Pakistan oder die einseitige Aufkündigung des jahrzehntealten Indus-Wasser-Vertrages.

Folgen einer Eskalation wären unkontrollierbar

Nach dem Gegenangriff Indiens sollten auch international die Alarmglocken schrillen. China, der grosse Nachbar, der ebenfalls einen kleinen Teil Kaschmirs verwaltet, hat beide Seiten bereits zu maximaler Zurückhaltung aufgerufen. Es ist zu hoffen, dass auch andere grosse Mächte auf eine diplomatische Lösung des Konflikts drängen, um den Gau zu verhindern.

Denn alle wissen, was auf dem Spiel steht: Sowohl Pakistan als auch Indien sind Atommächte, die Region gehört zu den bevölkerungsreichsten der Welt. Im Falle einer Eskalation wären die Folgen unkontrollierbar. Ein grosser Teil der Menschheit könnte ausgelöscht werden. Das kann weder den beteiligten Streitparteien noch der Welt egal sein. Darum ist die Hoffnung intakt, dass der Krieg auch dieses Mal noch abgewendet werden kann.

Maren Peters

Südasien-Korrespondentin

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Maren Peters ist seit September 2022 Südasien-Korrespondentin für Radio SRF und berichtet von Indien aus über Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal, Bhutan und die Malediven. Zuvor war sie Wirtschaftsredaktorin bei Radio SRF. Dabei beschäftigte sie sich insbesondere mit internationaler Wirtschafts- und Entwicklungspolitik sowie Nachhaltigkeits- und Rohstofffragen.

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