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International Information in Burundi: Kochrezepte statt Politik

Private Radiostationen haben Sendepause und das staatliche Radio bringt Bananenrezepte statt echter Information. Burundi ist seit mehr als einem Monat im Ausnahmezustand. Die Informationslage ist desolat. Journalisten leben gefährlich.

Ein schwarzes Haus an der Rue de la Liberté im Stadtzentrum von Bujumbura. Noch vor einer Woche war es blau. Dazwischen liegen ein Militärputsch und die Explosion einer Granate. Im blauen Haus sendete das unabhängige Radio Bonesha. Einen Tag nach dem gescheiterten Regierungssturz wurde es abgeschaltet. Der Sender sei von der Polizei gestürmt worden, sagt Chefredaktor Leon Masengo: «Widerstand war zwecklos».

Das staatliche Radio ist ein Resonanzkasten der Macht.
Autor: Leon Masengo Chefredaktor Radio Bohesha

Vor der Eingangstüre des Studios stehen heute zwei bewaffnete Polizisten. Bonesha heisst in der lokalen Sprache Kirundi «Erhellung» oder «Licht». Am 14. Mai wurde das Licht abgeschaltet. Nicht nur hier. Einen Monat vor den Wahlen in Burundi wurden alle privaten Radiostationen in der Hauptstadt zerstört.

«Wir sind überzeugt, dass dieses kriminellen Vorgehen gegen die freien Radios im Land klar mit den bevorstehenden Wahlen zusammenhängt. Bei uns hatte die Opposition die Gelegenheit ihren Standpunkt zu vertreten. Das staatliche Radio ist ein Resonanzkasten der Macht. Der Freiraum der Opposition sollte auf diese Weise beseitigt werden», so Leon Masengo.

Rezepte gegen die Krise sind nicht zu hören

Eine politische Debatte ist in Burundi nicht mehr möglich. Das Land befindet sich im Ausnahmezustand. Die Schulen sind geschlossen, in regelmässigen Abständen explodieren in der Innenstadt Sprengsätze, Politiker werden ermordet - doch am staatlichen Radio ist von dem wenig bis nichts zu hören.

Am Tag als die Polizei drei Demonstranten erschossen hatte, sendete Radio Burundi um 18 Uhr Kochrezepte für Bananen-Frappé, Bananen-Suppe und Bananen-Brei. Rezepte gegen die aktuelle Krise sind keine zu hören, schon gar nicht die Wahrheit. Das ist auch nicht möglich.

Audio
In Burundi gibt es keine freien Medien mehr, eine politische Debatte ist nicht mehr möglich
aus Rendez-vous vom 05.06.2015.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 57 Sekunden.

Auf offener Strasse angeschossen

Mit der Zerstörung der privaten Radiostationen wurden auf einen Schlag gegen 200 Journalisten arbeitslos. Viele haben das Land aus Angst verlassen, andere müssen um ihr Leben fürchten. Ein Radiojournalist liegt im Spital. Er wurde während des Gesprächs mit einem Oppositionspolitiker angeschossen.

Unweit der Rue de la Liberté im Regierungsgebäude verkündet der Präsident der Wahlkommission, die Medienfreiheit sei garantiert. Alle Journalisten könnten ihrer Arbeit ungehindert nachgehen, die privaten Radiostationen könnten ihren Betrieb wieder aufnehmen: «Bald wird das Land wieder genug stabil sein, dass die Bürger Burundis freie und faire Wahlen abhalten können. Die Ostafrikanische Gemeinschaft wird uns dabei unterstützen.»

FC Hallelujah statt Zeitungen und Bücher

Wenn Kochrezepte und Sportresultate gemeint sind, dann ist die Bevölkerung tatsächlich gut informiert. Man neigt dem Mitglied der Regierungspartei sogar zu glauben, dass der Präsident damit zufrieden sei. Es heisst, der 51jährige Sportlehrer lese nicht gerne Zeitungen und Bücher. Er sei weniger im Büro, als beim Training seines eigenen Fussballclubs zu treffen. Der präsidiale Verein heisst: «FC Hallelujah».

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