Nach dem Fabrikunfall in Bangladesch beginnt in der Textilbranche ein Umdenken: Rund 30 Unternehmen haben ein Abkommen zur Brandschutz- und Gebäudesicherheit unterschrieben. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der US-Konzern PVH mit seinen Marken Tommy Hilfiger und Calvin Klein, H&M oder die Zara-Mutter Inditex Standards.
Textilhersteller in Bangladesch begrüssen den Schritt der westlichen Modeketten. Atiqul Islam, Vorsitzender der Vereinigung der bangladeschischen Textilhersteller und -exporteure, sagte: Sollten die Modehäuser bei Reparaturen oder Instandsetzungen behilflich sein, wäre das eine «sehr gute Sache für uns alle».
«Ein Meilenstein»
Auch Christa Luginbühl zeigt sich zufrieden. Sie ist Expertin bei der Nichtregierungsorganisation Erklärung von Bern (EvB) und Koordinatorin der Clean Clothes Campaign (CCC), die sich für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in Kleiderfabriken einsetzt. «Das Abkommen ist ein Meilenstein», sagt Luginbühl gegenüber Radio SRF. Es sei ein sehr transparentes und verbindliches Programm.
Das Abkommen sieht vor: Die Modeketten übernehmen die Kosten für Reparaturen und sorgen für wirksame Massnahmen zur Brandschutz- und Gebäudesicherheit. Das Abkommen ist nach dem Einsturz eines mehrstöckigen Gebäudes mit mehreren Textilfirmen vor drei Wochen aufgegleist worden. Bei der Katastrophe in der Nähe der Hauptstadt Dhaka waren mehr als 1100 Menschen, grösstenteils Frauen, getötet worden. Rund 2400 Menschen konnten lebend und zum Teil schwer verletzt aus den Trümmern geborgen werden.
Druck wegen Tragödie erhöht
Diese Tragödie habe den Druck auf die Industrie erhöht, sagt Luginbühl. Jetzt gehe es darum, dass die Firmen Verantwortung übernehmen und die Arbeitsbedingungen verbessern. Textilimporte aus Bangladesch einfach zu boykottieren, sei inakzeptabel.
Die Regierung in Bangladesch hat zudem einen Ausschuss gegründet, der eine Erhöhung des Mindestlohns erarbeiten soll. Gemäss Entwicklungsorganisationen müsste dieser sechs Mal so hoch sein wie bisher, damit eine vierköpfige Familie würdig leben kann. Umgerechnet wären das gut 220 Franken.
«Die höheren Löhne und die Vereinbarung sind Schritte in die richtige Richtung», sagt Luginbühl. Sicherheit am Arbeitsplatz müsste aber eigentlich ein Minimalstandard sein, betont sie und fordert bereits ein zweites Abkommen.
Die Massnahmen der Regierung zu den höheren Löhnen dienen gemäss kritischen Stimmen auch dazu, die Volksseele Bangladeschs etwas zu beruhigen und die Menschen zum Weiterarbeiten zu bewegen.