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Ein Baby in einem syrischen Spital mit einer Sauerstoffmaske.
Legende: Ein Baby in einem syrischen Spital zeigt angeblich Symptome einer Chlorvergiftung. Keystone

International Assad liess offenbar erneut Chemiewaffen einsetzen

In der umkämpften Stadt Aleppo sollen syrische Kampfflugzeuge mit Chlorgas gefüllte Fassbomben auf Zivilisten abgeworfen haben. Spuren des Giftstoffes sind allerdings nicht lange nachweisbar, wie ein Chemiker erklärt.

UNO-Bericht beschuldigt Assad

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Die UNO hat im August einen Expertenbericht veröffentlicht, wonach das Assad-Regime in der Vergangenheit Chlorgas eingesetzt haben soll. Russland, das mit Assad verbündet ist, zweifelt dies an. 2013 hatte die UNO festgestellt, dass syrische Truppen Sarin verwendeten. Assad hatte darauf angekündigt, alle chemischen Waffen abzugeben.

Die Streitkräfte des syrischen Machthabers Assad sollen in Aleppo Chlorgas eingesetzt haben – in Form von Fassbomben, die aus der Luft abgeworfen wurden. Das berichten Aktivisten und Ärzte aus den Rebellengebieten der nordsyrischen Stadt. Eine lokale Hilfsorganisation und die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprechen von Dutzenden Verletzten – darunter viele Kinder.

Diesen Chlorgaseinsatz unabhängig zu überprüfen, ist aber nicht möglich – mitunter, weil sich Chlorgas rasch verflüchtigt, und im Nachhinein nicht mehr direkt nachweisen lässt, wie Andreas Zaugg gegenüber SRF erklärt. Er ist Chemiker am Labor Spiez und befasst sich auch mit chemischen Kampfstoffen. «Das Gas kann nur während dem Ereignis mit Geräten gemessen werden.»

Keine Abbaustoffe von Chlor nachweisbar

Im Nachhinein könnten hingegen nur Vermutungen anhand der Beschreibungen der betroffenen Personen gemacht werden, so Zaugg. «Das heisst, es ist nicht möglich, für eine analytische Verifikation Proben zu nehmen, wie das bei anderen Stoffen der Fall ist.» Als Beispiel nennt der Chemiker den chemischen Kampfstoff Sarin. Dieser hinterlasse Abbaustoffe, die auch einige Zeit nach dem Einsatz nachweisbar seien.

Bilder aus syrischen Spitälern zeigen Patienten mit Atemnot, Übelkeit und gereizten Schleimhäuten – typische Symptome nach Chlorgasattacken. Diese können sogar zu tödlichen Lungenödemen führen. Doch die Symptome treten zeitverzögert auf. «Wenn sie festgestellt werden, dürfte sich das Gas bereits verflüchtigt haben», erklärt Zaugg. Um es eindeutig nachzuweisen, hätte also jemand genau zur Zeit des Einsatzes Messungen vornehmen müssen.

Nicht verboten, aber kein legales Kriegsmittel

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Der Einsatz von Chlor sei in der Industrie weitverbreitet, auch in der Schweiz, sagt Zaugg. Der Stoff sei nicht per se verboten. «Die Chemiewaffenkonvention hat in drei Listen verschiedene Chemikalien aufgeführt, welche ganz verboten sind oder welche streng kontrolliert werden. Chlor ist tatsächlich nicht dabei.» Das heisse aber nicht, dass es erlaubt ist, Chlor als Kriegsmittel einzusetzen, präzisiert er.

«Die Konvention verbietet generell den Einsatz von toxischen Chemikalien im Kriegsfall, das heisst, gegen Menschen.» Im Ersten Weltkrieg kam Chlorgas erstmals zum Einsatz. Heute ist es eine einfach zugängliche, giftige Chemikalie, die – glaubt man den Berichten – auch den syrischen Truppen zur Verfügung steht.

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