Zum Inhalt springen
Betonbrücke in Trümmern.
Legende: Schon 2006 stürzte eine neue Brücke ein, damals in Sizilien. Reuters

International Brandneu und schon kaputt

Der Chef der italienischen Strassenverwaltungsgesellschaft ANAS, Pietro Ciucci, nimmt den Hut. Ein Skandal um schwere Mängel im Strassenbau ist der Grund: Im Dezember stürzte in Sizilien die Auffahrt einer neuen Autobahnbrücke ein. Vor wenigen Tagen sackte unweit davon ein Teil einer Brücke weg.

Bei der Eröffnung Ende Dezember durchschnitten Bürgermeister mit umgebundenen Schärpen das rote Band. Das ein Kilometer lange Teilstück der Autobahn von Palermo nach Agrigento hatte 13 Millionen Euro gekostet. Nur wenige Tage später rutschte beim ersten starken Regen ein Teil der Strasse in die Tiefe. Auf derselben Autobahn knickte nun ein Brückenpfeiler weg. Trotz des grossen Schadens wurde glücklicherweise niemand verletzt.

Strasse ist defekt, bevor sie fertiggebaut ist

Die Behörden suchen nach wie vor nach den Ursachen. Bei ähnlichen Fällen zeigte es sich, dass zu wenig Beton verwendet oder bei der Planung, der Arbeit und der Sorgfalt gespart wurde.

ANAS-Chef Pietro Ciucci

Box aufklappen Box zuklappen
Pietro Ciucci
Legende: Keystone/Archiv

ANAS-Chef Pietro Ciucci will sein Amt an der Aktionärsversammlung im Mai niederlegen. Dies teilte er Verkehrsminister Graziano Delrio mit. Das Kabinett in Rom plant eine Klage gegen die ANAS wegen Baumängeln.

In der Nachbarregion Kalabrien, an der Spitze des Stiefels, baut der italienische Staat schon seit 50 Jahren an einer Autobahn von Salerno nach Reggio Calabria. Und noch immer ist die rund 500 Kilometer lange Strecke eine Baustelle. Schlimmer noch: Ein Teil der bereits gebauten Strasse zerfällt schon längst wieder. Sicher, das Gelände ist anspruchsvoll. So erschwert etwa die Erdbebengefahr den Bau. Zudem ist das Gelände zerklüftet, überall braucht es Brücken und Tunnels.

Nicht nur der Süden ist im Griff der Mafia

Doch Hauptursache für das Desaster sind Korruption und Mafia. In vielen Fällen ist belegt, wie eng das Netz zwischen Politik und organisiertem Verbrechen war und ist. Zum Teil sucht die Mafia die Bauunternehmen selber aus und bestimmt sogar, wen diese anstellen sollen. Oft sind dies Verwandte und Freunde.

Dass das im Süden Italiens so ist, mag wenig erstaunen. Doch auch die Mitte und der Norden sind betroffen, wie die Bauskandale um die Expo in Mailand oder um den Schutzdamm in der Lagune von Venedig zeigen.

Die Kosten für den darbenden italienischen Staat sind enorm: Milliarden müssen ausgegeben werden, um die Pfuscherei auszubessern. Strukturschwache Regionen wie Sizilien oder Kalabrien bleiben weiter schwer zugänglich, an eine wirtschaftliche Entwicklung ist unter solchen Umständen nicht zu denken.

Renzi kämpft gegen Windmühlen

Und dass die Protestpartei von Beppe Grillo nach wie vor etwa 20 Prozent der Wähler anzieht, hängt ebenfalls stark damit zusammen, dass man die traditionellen Parteien, seien sie nun links oder rechts, zu recht für diese Zustände verantwortlich macht.

Premier Matteo Renzi sagte schon im Dezember, der alte Schlendrian werde nicht mehr geduldet. Doch wie so vieles von Renzi bleibt auch das zuerst einmal ein Wort. Denn all jene, die an diesem System verdienen, habe kein Interesse, dass sich etwas ändert: Ist etwas fertig gebaut, eingeweiht und funktioniert, dann gibt es nichts mehr zu holen. In Sizilien aber, wo die neue Autobahn schon wieder kaputt ist, beginnt das Fest von vorne. Zumindest für jene, die nun auf neue Aufträge hoffen.

Meistgelesene Artikel