Pierre-Condamin Gerbier ist Franzose und lebt seit 2004 in der Schweiz. Bis 2010 betreute er das Family Office der Banque Reyl in Genf, die damals noch keine Banklizenz hatte. Gerbier war also Vermögensverwalter von reichen Kunden, von reichen Familien. Zugleich war er Chef der Genfer Sektion der UMP, der damaligen Regierungspartei von Nicolas Sarkozy.
Am Mittwoch nun sagte Gerbier vor einer französischen Senatskommission in Paris aus, welche die Rolle der Banken bei der Steuerhinterziehung untersucht. Im Nadelstreifenanzug sprach er mit ruhiger, sehr bestimmter Stimme zu den Senatoren. Diese trauten ihren Ohren kaum: Der im März zurückgetretene Budgetminister Jérôme Cahuzac sei keineswegs der einzige französische Politiker, der ein geheimes Konto in der Schweiz habe, sagte der Banken-Insider.
Aktuelle und Ex-Minister
Nach der Anhörung bestätigte Gerbier seine Aussagen gegenüber Radio SRF: Er selbst kenne 12 bis 15 Fälle, in denen Politiker ihr Vermögen in der Schweiz versteckten. «Von anderen Fällen habe ich gehört», sagt Gerbier. Unter den schwarzen Schafen gebe es auch Minister früherer Regierungen, aber auch der jetzigen Regierung.» Mit Cahuzac habe man einen Fall dokumentiert, aber der sei nicht der einzige.
Der Vermögensverwalter aus der Schweiz ist empört über die Heuchelei, die er täglich erlebt. Er wisse, dass viele Politiker, die den zurückgetretenen Minister Cahuzac heute mit scharfen Worten verurteilten, selber Steuerflüchtlinge seien.
Illegale Parteienfinanzierung
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Doch damit nicht genug: Über die gleichen Konten und Kanäle seien auch französische Parteien illegal finanziert worden. Als Verantwortlicher der UMP in Genf habe er haarsträubende Dinge gesehen: «Heimliche Geldflüsse, Koffer voller Banknoten», sagt Gerbier. Er betont, für seine Behauptungen habe er auch Beweise. Diese will er erst später vorlegen, denn zurzeit herrsche bei diesem Thema eine zu grosse Nervosität: Er und seine Familie seien wiederholt bedroht worden.