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International Bürgermeisterwahl in Moskau: Der Alte ist der Neue

Bei der Bürgermeisterwahl in Moskau hat sich der kremltreue Amtsinhaber Sergej Sobjanin gegen Oppositionsführer Alexej Nawalny durchgesetzt. Dessen unerwartet starkes Ergebnis bei seiner ersten Teilnahme an einer Wahl überhaupt gilt aber trotz Niederlage als Sensation.

Der 55-jährige Sergej Sobjanin gewinnt die Bürgermeisterwahl in Moskau überraschend knapp. Der Amtsinhaber erreichte bei der Wahl laut dem offiziellen

Endergebnis mit 51,4 Prozent nur knapp die notwendige Mehrheit, mit der er um eine Stichwahl herumkommt

Eigentlich war es bereits vor der Wahl klar, dass der 37-jährige kremlkritische Blogger Alexej Nawalny in einen aussichtslosen Kampf um das Bürgermeisteramt der russischen Hauptstadt zieht. Trotzdem hat der Kreml-Kritiker Nawalny einen Sieg errungen.

Er hat aus dem Stand rund 27,2 Prozent der Wählerstimmen geholt. SRF-Korrespondent Christof Franzen spricht von einem hervorragenden Resultat für Navalny, schliesslich sei er erst vor wenigen Wochen in den Wahlkampf eingestiegen. Er habe dabei versprochen weder zu klauen noch zu lügen. «Anscheinend reicht das in Moskau schon, um hunderttausende von Menschen hinter sich zu bringen», meint Franzen.

Ergeizige Ziele

Nawalny zweifelt das Endergebnis an, spricht von Fälschungen und fordert eine zweite Wahlrunde. Sobjanin habe in Wahrheit nicht die absolute Mehrheit erreicht und müsse daher in die Stichwahl.

«Wir fordern, dass es eine zweite Wahlrunde gibt», sagte Nawalny. «Wenn das nicht geschieht, rufen wir die Bürger auf, auf die Strassen Moskaus zu gehen.» Bereits am Abend hatte Nawalnys Wahlkampfteam den Sieg Sobjanins bestritten und eigene Zahlen vorgelegt. Die Behörden genehmigten für Montagabend eine Kundgebung mit 2500 Menschen.

Als scharfer Gegner Wladimir Putins hat sich Nawalny über die Grenzen Russlands einen Namen gemacht. Sein ehrgeiziges Ziel sind die Präsidentschaftswahlen 2018. Die Wahl muss er dann vielleicht aus einer Zelle verfolgen. In einem umstrittenen Prozess wurde der Oppositionelle von einem Gericht zu fünf Jahren Straflager verurteilt. Der Vorwurf: Veruntreuung. Nawalny soll eine staatliche Holzfirma zu einem Verlustgeschäft gedrängt haben. Weil Nawalny Berufung eingelegt hatte, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Darum konnte er auch an den Wahlen in Moskau teilnehmen.

Der Kreml stecke nun in einer Zwickmühle meint Christof Franzen. «Wenn er Nawalny tatsächlich ins Gefängnis bringt, dann schafft er einen politischen Märtyrer.»

Kritiker kündigten Demonstrationen an

Auch in einigen anderen Regionen des Riesenreichs wurde gewählt. Landesweit konnten sich dabei etwa 40 Millionen Wahlberechtigte zwischen 54 Parteien entscheiden. Das sind etwa neunmal mehr als bisher.

Kritiker werfen dem Kreml vor, mit einer Massenzulassung neuer Parteien auch Verwirrung unter Wählern stiften zu wollen. Die Abstimmungen im grössten Land der Erde fand in neun Zeitzonen statt.

Opposition siegt in Jekaterinburg

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In Russlands viertgrösster Stadt Jekaterinburg gewann der Oppositionskandidat Jewgeni Roisman die Bürgermeisterwahl mit 30,1 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission mitteilte. Der von der Regierungspartei unterstützte Kandidat Jakow Silin erhielt demnach in der Industriestadt im Ural 26,5 Prozent. Es reichte eine

einfache Mehrheit.

Roisman ist vor allem für seinen Einsatz gegen die staatliche Drogenpolitik bekannt. Es ist das erste Mal, dass ein Oppositionskandidat in einer russischen Grossstadt den Kreml-Kandidaten schlägt.

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