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Burkhalter an einem Mikrofon, gestikulierend
Legende: Dass der Gipfel in Istanbul und nicht in Genf stattfindet, sieht der Bundesrat «sportlich». Keystone

International Burkhalter: «Wir hätten den Gipfel lieber in der Schweiz gehabt»

125 Millionen Menschen sind wegen Kriegen, Konflikten und Katastrophen derzeit auf Hilfe angewiesen. Die UNO ruft deshalb zum ersten humanitären Weltgipfel nach Istanbul, erwartet werden rund 5000 Teilnehmer. Mit dabei ist auch die Schweiz – angeführt von Aussenminister Didier Burkhalter.

SRF News: Herr Bundesrat, macht die Schweiz genug gegen das Leid in der Welt, etwa mit ihrem eigenen Beitrag zur humanitären Hilfe in Syrien?

Didier Burkhalter: Eigentlich ist es nicht genug. Was genug oder sehr nützlich und wertvoll wäre, wäre Frieden. Ohne den können humanitäre Aktivitäten nicht alles sein.

Aufruf zu Engagement

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Didier Burkhalter hat in Istanbul dazu aufgerufen, Krisen politisch zu lösen. Die Schweiz werde deswegen ihr Engagement für Mediation und Prävention verstärken. «Der beste Weg, um das Leid der Menschen zu beenden, ist den Krieg zu beenden», sagte der Schweizer Aussenminister. Denn um Krisen vorzubeugen, müsse die Prävention verstärkt werden.

Was ist das wichtigste Ergebnis, das dieser Gipfel Ihrer Meinung nach bringen soll?

Für die Schweiz ist es klar: Wir wollen unsere Initiativen voranbringen. Zum Beispiel die Initiative zur besseren Einhaltung des humanitären Völkerrechts, den Appell für eine Verknüpfung von Menschenrechten und Sicherheit, und unser Wille zu zeigen, dass alle Instrumente – humanitäre, Entwicklungs- und Friedenspolitik, Menschenrechte, zusammengebracht werden, um wirklich wirkungsvoll zu sein.

Der Gipfel findet in der Türkei statt, in einem Land, in dem es um die Einhaltung der Menschenrechte nicht zum Besten steht. Ist das glaubwürdig?

Für uns stellt sich diese Frage ganz besonders, denn wir wollten diesen Weltgipfel in Genf durchführen. Am Ende ging es um Genf oder Istanbul als Ausrichtungsort. Man hat sich für Istanbul entschieden. Wir haben das sportlich genommen, es akzeptiert und wir machen mit, weil über humanitäre Bereiche gesprochen wird. Aber es ist schon klar: Wir hätten den Gipfel lieber in der Schweiz gehabt.

Wir haben es akzeptiert und wir machen mit, weil über humanitäre Bereiche gesprochen wird.

Das heisst, Sie sind nicht enttäuscht, dass der Gipfel nicht in Genf stattfindet?

Nein, wir sind nicht enttäuscht. Wir sagen nur, wir Schweizer wissen bereits, wie man so etwas anpackt. Es ist auch eine Gelegenheit, um die Prinzipien des Pluralismus' in der Politik und auch die Toleranz gegenüber den verschiedenen Religionen zu zeigen. Es ist eine Möglichkeit, darüber zu sprechen. Die Werte der Schweiz – wir sind nicht die einzigen, die diese haben – ganz klar vorzuzeigen.

Der Bundesrat hat kürzlich beschlossen, Waffenexporte in bestimmte arabische Länder wieder zuzulassen. Es gab Kritik, dass man sich auf einer Seite für humanitäre Zwecke einsetze und auf der anderen Waffenexporte zulasse…

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Das ist eine Frage der Kohärenz in der Aussenpolitik. Es ist sehr wichtig, dass solche Dinge immer sehr gründlich diskutiert werden. In diesem Fall war es eine Angelegenheit des Bundesrats. In dem Gremium wurde das oft und lange diskutiert und es wurden verschiedene, nuancierte Entscheide getroffen.

Die perfekte Kohärenz in der Aussenpolitik erreichen wir wahrscheinlich nie. Aber wir müssen uns dieser Perfektion so gut wie möglich annähern.

Das Gespräch führte Gaudenz Wacker.

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