Nach der Einigung mit den übrigen EU-Regierungschefs vom Freitag warb der britische Premier David Cameron heute im britischen Unterhaus für den Verbleib in der Union. Spekulationen über ein allfälliges zweites Referendum erteilte er eine Absage.
Cameron erklärte den Abgeordneten in London, dass Grossbritannien innerhalb der EU wirtschaftlich bessergestellt und sicherer sei – auch wenn die Union weitere Reformen nötig habe.
Das Europa der variablen Geschwindigkeiten sei schon oft zitiert worden. Nun sei erwiesen, dass man nicht nur verschiedene Geschwindigkeiten erlaube, sondern auch unterschiedliche Bestimmungsorte – eine elegante Art, die wachsende Vielfalt von britischen Extrawürsten zu beschreiben.
Johnson gegen Cameron
Doch Cameron begnügte sich nicht mit der Beschreibung des Erreichten, er eröffnete auch den viermonatigen Abstimmungskampf. Es sei eine Illusion zu glauben, ein Land ausserhalb der EU könne vollen Zugang zum Binnenmarkt erhalten, ohne an das Regelwerk der EU gebunden zu sein und Freizügigkeit zu gewähren.
Der Regierungschef erlaubte sich auch einen Seitenhieb auf Londons Bürgermeister Boris Johnson, der für den «Brexit» werben will und als Kandidat im Rennen um Camerons Nachfolge in der konservativen Regierungspartei gilt: «Ich kandidiere nicht für die Wiederwahl. Ich verfolge keine anderen Ziele.»
«Scheidung» wäre endgültig
Cameron erteilte Spekulationen über ein zweites Referendum eine Absage «Ich kenne leider einige Paare, die die Scheidung eingereicht haben. Ich kenne aber keines, das die Scheidung eingereicht hat, um sich erneut ein Heiratsversprechen zu geben», sagte er.
Der Regierungschef hatte am Wochenende erklärt, er werde dem Parlament den 23. Juni für den Volksentscheid vorschlagen. Kurz darauf kamen Spekulationen auf, dass es womöglich eine zweite Abstimmung geben könnte, sollten die Briten sich zunächst für einen Austritt aus der EU aussprechen.
Und auch von Seiten der EU sind Nachverhandlungen bei einem allfälligen Ja der Briten zum Austritt derzeit angeblich keine Option. «Wir haben keinen Plan B», sagte ein hoher EU-Verantwortlicher heute in Brüssel. Man solle sich keinen Illusionen hingeben, dass nach einem Nein zur EU bei dem Referendum noch mehr herauszuholen sei. In einem solchen Fall ginge es nur noch darum, Scheidungsbedingungen zu fixieren.