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Tsipras posiert lächelnd mit rund einem Dutzend Frauen, sie haben ihre Stelle im Finanzministerium wieder zurückerhalten.
Legende: Auf ihm ruhen die Hoffnungen: Premier Tsipras, hier mit den Putzfrauen des Finanzministeriums. Imago

International «Dann suche ich ein Grab und verkrieche mich dort»

Für die Griechen hat sich seit dem Amtsantritt der Regierung Tsipras nur wenig geändert: Noch immer hängt das Damoklesschwert eines Ausstiegs aus dem Euro über ihren Köpfen. Trotzdem ist der Premier nach wie vor populär.

Agia Marina ist ein Vorort von Athen. Das Einfamilienhaus der Familie Kontolefas liegt leicht erhöht, man sieht von der Terrasse aufs Meer, das in der Abendsonne glitzert und funkelt. Alle paar Minuten stört ein landendes Flugzeug die Idylle. Der Flughafen liegt ein paar Kilometer landeinwärts. Dort hat Petros Kontolefas 30 Jahre lang gearbeitet. Er war Flugzeugmechaniker.

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Ein Zehntel des früheren Lohnes

«Ich hatte grosses Glück. Denn mein Hobby, die Flugzeuge, waren mein Job.» Konfolefas sagt auch, er habe gut verdient. Sein Arbeitgeber war Olympic Airways. Dort hat er seine Frau Katarina kennen gelernt. Auch sie erinnert sich gern an diese Zeiten: «Wir flogen selbst nach Tokio und waren auf dieser Linie stets ausgebucht», sagt die ehemalige Stewardess mit viel Stolz.

Das alles ist jetzt vorbei. Olympic Airways ging in Schulden unter, die Hälfte der Angestellten wurde entlassen, die Kontolefas mussten vor sechs Jahren in Frühpension. Seither ist alles anders: «Am Anfang betrug unsere Rente einen Fünftel unseres bisherigen Lohnes. Damit hätten wir schlecht, aber immerhin leben können. Doch es kam noch schlimmer: In den letzten Jahren kürzten die Regierungen unsere Renten, unter dem Strich wurden sie halbiert. Heute leben wir mit einem Zehntel unseres ehemaligen Lohnes.»

«Wir gehen nie ins Kino»

Sie hätten alle Ausgaben gestrichen, die möglich waren, seien seit Jahren nie mehr in einem Restaurant gewesen, gingen nie ins Theater, nicht ins Kino. Katarina Kontolefas tischt Kekse auf, die sie selber gebacken hat. Dazu serviert sie griechischen Kaffee. «Seit Jahren leben wir mit der Angst, dass alles noch schlimmer wird. Seit Januar aber, seit Syriza gewonnen hat, schöpfen wir Hoffnung: Erstmals seit Jahren habe ich keine Angst mehr, denn ich weiss, dass diese Regierung etwas tun wird.»

Doch: Wo sind die Resultate? Ehemann Petros lässt sogenannte Komboloi-Kugeln langsam durch seine linke Hand gleiten. Für viele Griechen sind sie Fingerspiel und Zeitvertreib. «Die versuchen, wenigstens etwas zu tun, und das ist mir genug», sagt er.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

So wie das Ehepaar Kontolefas denken hier viele. Ihre Meinung ist repräsentativ, das zeigen Umfragen: Premierminister Alexis Tsipras ist der mit Abstand populärste Politiker des Landes. Würde morgen gewählt, wäre seine Syriza klarer Wahlsieger. Wenn die Kontolefas von Syriza erzählen, kehrt der Stolz in ihre Augen zurück.

Nur etwas könnte ihren Glauben an die Regierung derzeit erschüttern, eine Rentenkürzung. «Lebensmittel, Strom, Benzin – wir haben Preise wie in Rom oder Paris. Müssten wir mit unserer Rente auch noch Miete bezahlen, wir müssten hungern, wie viele Griechinnen und Griechen. Zum Glück haben wir dieses Haus!», sagt Petros und schaut hinaus übers nun dunkle Meer.

«Wenn nochmals eine Regierung unsere Rente kürzt, dann suche ich mir ein Grab und verkrieche mich dort.» Noch aber hofft Petros Kontolefas auf Alexis Tsipras und Syriza.

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