Den Entscheid des IOC, die russischen Leichtathletinnen und Leichtathleten zu sperren, war richtig, sagte Stephan Netzle. Er ist ehemaliger Richter am Sportsgerichtshof. Im vorliegenden Fall hatte Netzle den Internationalen Leichtathletikverband beraten.
Es gebe mittlerweile erdrückend viele Informationen, dass das ganze russische Sportsystem korrupt war und die russischen Sportler gedopt worden seien. Das lasse keine andere Möglichkeit offen: «Alle, die diesem System angehört haben, müssen gesperrt werden», so Netzle.
«Der Begriff Kollektivstrafe ist falsch»
In diesem Zusammenhang von einer Kollektivstrafe zu sprechen, wie es vielfach gemacht worden sei, halte er für falsch. Der Sport sei durch Verbände organisiert und ein «ein Athlet teilt das Schicksal seines Verbandes». Aufgrund der Organisation in Verbänden halte er auch die Forderung des russischen Sportministers Witali Mutko, die gesperrten Leichtathletinnen und Leichtathleten sollten vor Zivilgericht klagen, für unrealistisch. Die Vereinbarung zwischen Athlet und Verband enthalte eine Schiedsklausel, die vorsehe, dass solche Angelegenheiten vor dem Schiedsgericht geklärt werden müssten.
Noch ist offen, ob an den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro nur die Leichtahtletinnen und Leichtathleten gesperrt sein werden, oder ob die Sperre auch für alle anderen russischen Sportler gilt. Das Internationale Olympische Komitee IOC will bis spätestens Dienstag darüber entscheiden. Die Sperre für die Sportlerinnen und Sportler der Leichtathletik hat der Internationale Sportgerichtshof am Donnerstag bestätigt.
Internationale Verbände am Zug
Netzle geht nicht davon aus, dass das IOC alle russischen Sportlerinnen und Sportler sperren wird. «Das wäre etwas undifferenziert». Es seien nicht alle Sportarten gleich «dopingaffin». Nach Meinung von Netzle könnten die internationalen Verbände in die Pflicht genommen werden. «Diesen bliebe dann die Möglichkeit zu sagen, ob sie russische Sportlerinnen und Sportler dabei haben wollen oder nicht».