In Plymouth, zwanzig Minuten ausserhalb von Minneapolis, arbeiten sechs amerikanische Lehrlinge konzentriert an den Maschinen der Schweizer Firma Bühler. Sie werden in drei Jahren zu Service-Technikern ausgebildet, diesen August schliessen sie ab.
Bühler lancierte die Lehrlingsausbildung aus der Not heraus. In den USA ist das duale Bildungssystem unbekannt. Junge Leute gehen nach der obligatorischen Schulzeit an die Uni oder sie steigen direkt ins Arbeitsleben ein.
René Steiner, der beim Maschinenbaukonzern Bühler das Amerika-Geschäft leitet, hatte Mühe, genügend qualifizierte Fachleute für seine Firma zu finden: «Mit dem hiesigen System musste ich einsehen, dass wir hier künftig keine Chance haben. Wir haben dann entschieden, dass wir die Schweizer Lehre ‹copy/paste› nach Amerika bringen.»
Skeptische Eltern – bürokratische Hindernisse
Einen Beruf praktisch und theoretisch lernen und dafür erst noch einen Lehrlingslohn erhalten – für viele skeptische Eltern tönte das zu gut, um wahr zu sein. Wer bekommt in den USA schon einen Lohn, wenn er nicht voll arbeitet? Da war viel Überzeugungsarbeit nötig. Und dann gab es auch eine Reihe von bürokratischen Hürden zu nehmen.
Die Obama-Regierung will das nun ändern. Einzelne Bundesstaaten suchen bereits nach Wegen, wie sie das duale Bildungssystem fördern können. Am weitesten vorangegangen ist Minnesota.
Staunende Senatoren werden aktiv
Der republikanische Staats-Senator David Senjem etwa, reiste bereits zweimal samt Delegation nach Deutschland, um zu sehen, wie die Berufslehre funktioniert: «Ich war sehr beeindruckt, dass Firmen, Gewerkschaften und der Staat zusammenspannen, um Lehrlinge auszubilden, zum Wohl der ganzen Wirtschaft», sagt Senjem.
Staats-Senatorin Terri Bonoff, eine Demokratin, wurde auf politischer Ebene aktiv. Im Parlament von Minnesota habe sie ein Projekt lanciert, das vorsieht, dass zusammen mit rund 50 Firmen festgelegt wird, was die Lehrlinge am Ende ihrer Ausbildung können und wissen müssen. «So werden die Ausbildungen miteinander vergleichbar. Und der Staat soll Firmen finanziell unterstützen, die Lehrstellen anbieten,» so Bonoff.
Sie sei zuversichtlich, dass die Vorlage durchkomme, sagt die Senatorin. Die Jugendlichen erhielten eine Ausbildung, die ihnen auf dem Markt etwas bringe, und die Firmen fänden Angestellte mit den gefragten Kenntnissen.
«Es braucht neue Ansätze»
Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum Minnesota beim Lehrstellen-Thema vorwärts macht: Der globale Wettbewerb. «Wir sehen das ganz stark Wirtschaftsförderung für den Standort Minnesota», sagt Sabine Engel, Expertin für Wirtschaftsentwicklung an der Universität von Minnesota.
Weltkonzerne wie 3M, General Mills und Cargill sind hier ansässig. Dazu ein Siebtel aller ausländischen Firmen, die sich in den USA niedergelassen haben. Doch die bleiben nur, wenn sie genügend Fachleute finden. Die aber sind mittlerweile überall gefragt. «Es geht darum, die Fachleute zu hervorzubringen, die die Wirtschaftskultur der nächsten dreissig Jahre ausmachen werden,» sagt Engel – und dafür brauche es neue Ansätze.
Die diesbezüglichen Anstrengungen der Firma Bühler scheinen sich jedenfalls zu lohnen. «Ich möchte weiter bei Bühler arbeiten, sagt Jessica, eine der sechs Lehrlinge. Gleich tönt es bei den anderen Lehrlingen, auch bei Matt: «Ich würde gerne Maschinen installieren und unterhalten und bin dafür auch bereit zu reisen, mit 21 Jahren bin ich ungebunden, kein Problem!»