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International Die Zeichen stehen auf Konfrontation

Wieder sterben Menschen bei Gefechten in der Ost-Ukraine. In der Hafenstadt Mariupol kommen mindestens sieben Aufständische ums Leben. Schiessereien werden auch aus Donezk gemeldet. Kurz vor dem umstrittenen Referendum der Separatisten gibt es keine Hoffnung auf eine baldige Konfliktlösung.

Vor der Volksbefragung am Sonntag über eine Abspaltung der Ost-Ukraine vom Rest des Landes eskaliert die Gewalt im Land. In der Hafenstadt Mariupol starben bei Gefechten zwischen ukrainischen Sicherheitskräften und pro-russischen Separatisten mindestens sieben Menschen, 50 weitere wurden verletzt. Ursprünglich waren 20 Tote gemeldet worden.

60 «Terroristen» hätten versucht, das Polizeipräsidium zu stürmen, die in Flammen aufgegangen sei, teilte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow mit. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine gemeldet, Polizisten hätten versucht, das von Separatisten besetzte Gebäude zurückzuerobern. Medien berichteten weiter, Separatisten hätten einen Panzer im Zentrum besetzt und Barrikaden errichtet. Es gebe heftige Kämpfe.

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Legende: . SRF

Gefechte auch in der abtrünnigen Donezk-Region

Auch in der ost-ukrainischen Grossstadt Donezk haben sich Regierungseinheiten und pro-russische Kräfte ein Gefecht geliefert. Es gebe Verletzte, sagte ein Führungsmitglied der Separatisten der Agentur Interfax. Das Internetportal novosti.dn.ua berichtete, mehr als 100 bewaffnete Aktivisten hätten ein Gebäude im Osten der Millionenstadt umzingelt, in dem Sicherheitskräfte untergebracht seien. Die Separatisten seien mit Lastwagen zu dem Gelände gebracht worden.

Separatisten wollen Referendum durchziehen

In den Regionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine ist den Behörden die Kontrolle trotz der seit Tagen andauernden «Anti-Terror-Operation» der Armee weitgehend entglitten. Pro-russische Separatisten riefen dort zwei «Volksrepubliken» aus.

Mehr als drei Millionen Menschen in den russisch geprägten Gebieten Donezk und Luhansk sollen am Sonntag entscheiden, ob sie eine Abspaltung vom Rest des Landes unterstützen. Gestellt wird die Frage nach einer staatlichen Eigenständigkeit der Region. Die EU und die USA lehnen die Abstimmung ab, ebenso die offiziellen Vertreter der Zentralregierung. Sie setzen vielmehr auf die Präsidentenwahl am 25. Mai.

Nach Angaben lokaler ukrainischer Behörden fehlen Einsatzkräfte, um das Referendum zu verhindern. Das Bürgermeisteramt von Donezk teilte mit, aus Sicherheitsgründen werde nicht versucht, die Separatisten von der Einrichtung von Wahlbüros etwa in Schulen abzuhalten.

SRF-Korrespondent Christof Franzen glaubt, dass die Separatisten ein Fantasieresultat bekannt geben werden, das zeigt, dass der grosse Teil der Bevölkerung für eine Abspaltung ist. Mit diesem Resultat wollten sie dann in den Dialog mit der Ukraine gehen. «Kiew hat aber schon angekündigt, sich nicht darauf einlassen zu wollen. Ob Russland mitmacht, ist offen.»

Putin provoziert mit Krim-Besuch

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Trotz der Gefechte mit ukrainischen Sicherheitskräften bereiten die Separatisten unbeirrt ihre für Sonntag geplante Volksabstimmung vor. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte in einem Aufruf um eine Verschiebung gebeten. Trotz dieser mässigenden Töne, provozierte er die Ukraine und den Westen mit dem Besuch einer Parade auf der Krim zum Tag des Sieges über den Hitlerfaschismus. Der Besuch auf der Krim wurde vom Westen durchgehend als unangemessene Provokation verurteilt.

Die Europäische Union plant eine Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Russland. Laut Diplomaten werden die EU-Aussenminister am Montag in Brüssel voraussichtlich zusätzliche Einreiseverbote und Kontensperrungen beschliessen.

Wenig Hoffnung auf Runden Tisch

Allen Mässigungsappellen zum Trotz ordnete die Regierung in Kiew indes an, dass ihre Soldaten die Separatisten weiter bekämpfen sollen. Übergangspräsident Alexander Turtschinow und Ministerpräsident Arseni Jazenjuk lehnten eine Beteiligung der Separatisten an Gesprächen etwa an einem Runden Tisch erneut ab.

Beide bekannten sich am Donnerstagabend dennoch zu einem «nationalen Konsens» über Schlüsselfragen wie eine Dezentralisierung der Macht, eine Reform des Sicherheits- und Justizapparats sowie der Schutz der Minderheiten. Überwachen solle dies die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Ein Führungsmitglied der Separatisten betonte allerdings nach der neuen Gewalt in Mariupol, von einem friedlichen Dialog könne nun keine Rede mehr sein.

Der russische Aussenminister Sergej Lawrow drängte weiter auf einen Dialog zwischen der Regierung in Kiew und den Separatisten unter OSZE-Vermittlung. In einem Telefonat mit seinem US-Amtskollegen John Kerry habe Lawrow die Hoffnung geäussert, dass die USA die ukrainische Regierung zu einem Ende der Militäroffensive bewegen könnten, teilte das russische Aussenministerium am Freitagabend mit. Ziel sollte auch die Freilassung «politischer Gefangener» und eine Amnestie für Demonstranten sein.

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