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International Diplomatie zwischen USA und Kuba – Zuerst die einfachen Themen

Seit einem Jahr verhandeln die USA und Kuba über eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen. Zuerst gehen sie die weniger kontroversen Themen an. Das sei die richtige Strategie, sagt US-Botschafter Jeffrey DeLaurentis im Interview mit SRF in Havanna.

Heute vor einem Jahr begann nach 50 Jahren Feindschaft ein neues Kapitel zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten: US-Präsident Barack Obama und Kubas Raúl Castro kündigten die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern an. Im Juli wurde die kubanische Botschaft in Washington eingeweiht, im August die US-Flagge vor der amerikanischen Vertretung in Havanna gehisst.

Der US-Botschafter in Kuba, Jeffrey de Laurentis.
Legende: Der US-Botschafter in Havanna, Jeffrey DeLaurentis. Reuters/Archiv

Jeffrey DeLaurentis spielt bei dieser Annäherung eine zentrale Rolle. Der US-Diplomat sass mit den Kubanern am Verhandlungstisch, stand neben Aussenminister John Kerry, als in Havana das Sternenbahner aufgezogen wurde und ist seither US-Botschafter in Kuba.

SRF News: Was hat sich seit der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen verändert?

Jeffrey DeLaurentis: Wir haben einen Prozess zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten eingeleitet. Wir treffen uns regelmässig und sprechen über die Richtung, die wir einschlagen wollen – vor allem in Bereichen, wo es bislang keine Zusammenarbeit gab.

Wir sprechen direkt und offen über die Bereiche, in denen wir uns überhaupt nicht einig sind.

Die grundsätzlichste Meinungsverschiedenheit betrifft die kubanischen Machthaber selbst. Die USA fordern die Demokratisierung Kubas und die Abschaffung des Kommunismus. Die kubanische Seite will davon nichts wissen. Wie normal können Beziehungen unter diesen Voraussetzungen sein?

Wir haben mit Ländern in der ganzen Welt diplomatische Beziehungen und sind nicht mit allen in allem einig. Daher glaube ich, dass es absolut möglich ist, mit einem Nachbarn, der nur 90 Meilen vor unserer Küste liegt, respektvolle Beziehungen aufzubauen. Das gibt uns auch die Möglichkeit, über Uneinigkeiten zu sprechen und Lösungen zum Wohl beider Nationen zu finden.

Was sind die grössten Hürden bei dieser Annäherung?

Ein zentrales Thema sind die Kompensationsforderungen von US-Firmen, die nach der kommunistischen Revolution enteignet wurden. Ein anderes sind Kriminelle, die vor der US-amerikanischen Justiz nach Kuba geflohen sind.

Aber zu diesem Zeitpunkt befassen wir uns vor allem mit Themen, bei denen wir uns leichter näherkommen. Wir sprechen über ein gemeinsames Vorgehen gegen den internationalen Drogenhandel, über Zusammenarbeit im Kampf gegen Menschenhandel oder die Einrichtung von Meeresschutzzonen. Wir hoffen, dass wir im Zuge dieser Gespräche eine normale Beziehung aufbauen können.

Viele Kubaner sagen, sie spüren nichts von der Normalisierung der Beziehungen. Wann werden sie etwas davon spüren?

Das ist schwierig zu beantworten. Ich glaube aber, viele Kubanerinnen und Kubaner spüren das schon heute. Seit Januar hat die Zahl der US-Amerikaner, die die Insel besuchen, um 35 Prozent zugenommen. Das bedeutet, es gibt viel mehr Leute, die hier Geld ausgeben. Auch die Überweisungen von Kubanern, die in den USA leben, dürften zunehmen.

Seit Januar hat die Zahl der US-Amerikaner, die die Insel besuchen, um 35 Prozent zugenommen.

Auch sehen wir einen massiven Zuwachs im kubanischen Privatsektor – bei selbständigen Kleinunternehmern wie auch bei landwirtschaftlichen Kooperativen. Die Kubaner in diesen Wirtschaftsbereichen spüren auf jeden Fall Verbesserungen durch die Annäherung zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten.

Für diesen Herbst waren reguläre Fähr- und Flugverbindungen zwischen Kuba und den USA angekündigt worden. Wieso gibt es diese immer noch nicht?

Das müssten sie die Kubaner fragen. Wir haben vier oder fünf Lizenzen für Fährverbindungen erteilt. Wir sind bereit, vorwärts zu machen. Und wir sind daran, mit Kuba ein Zivilluftfahrtsabkommen auszuhandeln. Ein baldiger Abschluss würde das Reisen zwischen den beiden Ländern deutlich erleichtern.

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«Diplomatische Beziehungen sind kein Geschenk»
aus Echo der Zeit vom 17.12.2015. Bild: Reuters
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Präsident Obama will das geltende Handelsembargo gegen Kuba aufheben. Doch im Kongress, der das letzte Wort hat, sind viele dagegen. Sie betrachten die Annäherung als ein Einknicken vor dem Castro-Regime.

Diplomatische Beziehungen sind kein Geschenk. Im Dialog zu sein, verschafft uns eine bessere Position, um für die Werte einzustehen, an die wir glauben, und auch, um unsere Interessen zu verfolgen. Wenn wir nicht mitreden, haben wir auch nichts zu sagen.

Kubanische Oppositionelle beklagen mehr Repression als vor dem Beginn der diplomatischen Annäherung.

Wir setzen uns regelmässig für Menschenrechte, Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein. Das ist einer der Bereiche, in dem wir uns mit den Kubanern nicht einig sind. Aber noch einmal: Wir sprechen das mit der kubanischen Regierung direkt an. Wir hoffen, dass das die Situation künftig verbessern wird.

Das Interview führte Roman Fillinger.

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