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International Ernüchterte Ständeräte auf Türkei-Besuch

Nach den jüngsten Verhaftungen, Verfolgungen und Demonstrationen steigt in der Türkei die Angst, dass das Land in einem Bürgerkrieg versinkt. Auch die Schweizer Parlamentarier, die in dieser Woche die Türkei besuchten, haben den neuen Wind zu spüren bekommen.

Ein eigenes Bild vor Ort machen: Das war das Ziel der sechs Ständeräte, die diese Woche die Türkei besuchten. Nach Gesprächen mit Parlamentariern, Regierungsmitgliedern und Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen zeichnen die Politiker am Tag nach den jüngsten Verhaftungen ein düsteres Bild.

«Alles wird gerechtfertigt mit dem Kampf gegen den Terrorismus», bilanziert CVP-Ständerat Filippo Lombardi. «Und wer sich irgendwie dagegen wehrt, riskiert, als Anhänger des Terrorismus identifiziert zu werden.»

Mit Gesprächen auf Regierung einwirken

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Aber nicht nur die gesellschaftliche Spaltung der Türkei macht den Schweizer Ständeräten Sorgen. Auch die Wirtschaft sei enorm in Mitleidenschaft gezogen worden: «Die Notstandsgesetzgebung hat dazu geführt, dass 100'000 Leute der Wirtschaft entzogen wurden», sagt Hannes Germann (SVP/SH). Ein schwerer Schlag für die wirtschaftliche Zukunft des Landes.

Christian Levrat (SP/FR), der als Präsident der aussenpolitischen Kommission ebenfalls in der Türkei weilte, appelliert unterdessen dafür, die Gespräche mit der türkischen Regierung aufrecht zu erhalten: «Nur im direkten Gespräch mit ihnen haben wir eine Chance, die Situation längerfristig zu verbessern.»

Kritik und Angst in der Schweiz

In der Schweiz schlagen die Politiker harrschere Töne gegenüber der Regierung in Ankara an. Für Nationalratspräsidentin Christa Markwalder ist die Immunitätsaufhebung der gewählten türkischen Parlamentarier demokratieunwürdig.

Und die Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan, die den Putschversuch im Sommer hautnah in Istanbul miterlebte, befürchtet nach den jüngsten Ereignissen gar einen Bürgerkrieg.

Und diese Angst scheint nicht unbegründet: Auch Bilgin Ayata, Professorin für soziologische Politik an der Universität Basel, sagt gegenüber «10vor», dass heute eine Zäsur stattgefunden hat: «Ab heute können wir sagen, dass es de facto nicht nur keine kritischen Medien mehr gibt, sondern auch keine Opposition. Sie sind alle lahm gelegt.» Sie deutet die heutigen Verhaftungen als Zeichen dafür, dass die Demokratie in der Türkei am Ende ist.

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