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International EU und USA mahnen Erdogan zur Mässigung

13'000 Beamte und Polizisten hat die türkische Regierung entlassen. 6'000 Soldaten, Richter und Staatsanwälte sind in Haft. Präsident Erdogan spricht von der «Säuberung von Viren und Geschwüren» und der Wiedereinführung der Todesstrafe. Doch die EU-Aussenminister üben zurzeit eher milde Kritik.

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Die Aussenminister der EU mahnen die türkische Regierung und insbesondere auch die Polizei und die Sicherheitskräfte zur Zurückhaltung. Bei der weiteren Aufarbeitung des Putschversuches müsse alles unternommen werden, um weitere Tote und Verletzte zu vermeiden.

Die Aussenminister fordern die türkische Regierung weiter auf, Demokratie und Rechtsstaat zu schützen: Die EU werde ganz genau beobachten, wie die Türkei weiter gegen tatsächliche und vermeintliche Putschisten vorgehe, versicherte Aussenbeautragte Federica Mogherini. Die Union verfolge dabei keine eigenen Interessen, sondern habe das Interesse des türkischen Volkes im Blick.

Ähnlich redete auch der amerikanische Aussenminister John Kerry der türkischen Regierung ins Gewissen: Die türkische Regierung müsse alles zum Schutz von Demokratie und Rechtsstaat unternehmen und für Sicherheit und Ordnung sorgen.

Steinmeier: Alle Wege zur Kommunikation offenhalten

Die EU-Aussenminister mahnen. Doch dabei bleibt es. Zu weiteren Reaktionen auf die Säuberungswelle in der Türkei sind sie nicht bereit. Sie könnten auch die Beitrittsverhandlungen sistieren oder die Liberalisierung der Visa-Bestimmungen auf Eis legen. Doch davon wollen sie nichts wissen.

Oliver Washington

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Porträt Oliver Washington

Oliver Washington ist seit 2003 bei SRF. Ab 2007 war er Mitglied der Inland-Redaktion, seit 2014 ist er EU-Korrespondent in Brüssel. Washington hat Soziologie, Geografie und Wirtschaftsgeschichte studiert.

Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier begründete dies nach der Sitzung so: «Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollten uns die Möglichkeiten noch offenstehen, auf allen uns zur Verfügung stehenden Wegen zur türkischen Führung zu kommunizieren. Wir erwarten natürlich, dass eine politische und juristische Aufarbeitung der Vorgänge stattfindet. Dies muss mit rechtstaatlichen Grundsätzen geschehen.»

Die Aussenminister setzen auf Gespräche mit der türkischen Regierung. Sie befürchten wohl, dass bei weitergehenden Reaktionen die Türkei die Zusammenarbeit bei der Flüchtlingskrise aufkündigen könnte. Und das will eben niemand.

Klare Absage an Todesstrafe

Und trotzdem dürfte die Liberalisierung der Visa-Bestimmungen nach dem gescheiterten Putsch in weitere Ferne gerückt sein. Die Türkei müsste diesbezüglich noch das umstrittene Terrorgesetz abändern. Dazu sagte Steinmeier: «Darüber habe ich mit dem türkischen Amtskollegen noch nicht gesprochen. Aber ich vermute, dass die Bereitschaft eher kleiner geworden ist, an das Strafrecht und die Terrorparagraphen heranzugehen.

Einzig in einem Punkt zeigten die EU-Aussenminister der Türkei die rote Karte: Die türkische Regierung denkt seit dem Wochenende über die Wiedereinführung der Todesstrafe nach. Wer die Todesstrafe einführe, könne nicht Mitglied der EU werden, betonte Federica Mogherini. Doch aktuell geht es weniger darum, sondern mehr um die Säuberungsaktionen der türkischen Regierung beim Militär und im Justiz- und Polizeiapparat. Und hier belassen es die Aussenminister bei einem erhobenen Zeigefinger.

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