Die offizielle Eröffnung des neuen Sitzes der Europäischen Zentralbank hat in Frankfurt am Main heute für einen ganztägigen Ausnahmezustand gesorgt.
Am Nachmittag kamen laut Polizeiangeben rund 17'000 Menschen zu einer dreistündigen Kundgebung der Blockupy-Bewegung. 60 Busse aus 39 europäischen Städten und ein Sonderzug hatte Demonstranten nach Frankfurt gebracht.
Im Anschluss an die Kundgebung marschierten die Kapitalismuskritiker durch die Innenstadt der Finanzmetropole. Auf Plakaten war unter anderem zu lesen: «Je suis Greece. Keine Macht der Troika» und «Die Krise heisst Kapitalismus».
Gewalt und Zerstörung am Morgen
Vor der friedlichen Kundgebung hatten sich die gewaltbereiten Kapitalismuskritiker mit blinder Zerstörungswut Gehör verschafft und sich wüste Strassenschlachten mit der Polizei geliefert. Dabei wurden über 220 Personen verletzt, darunter fast 100 Polizisten. 15 Personen wurden laut Polizeiangaben verhaftet.
Rauchschwaden zogen über das Mainufer, in der Luft lag der beissende Geruch von Tränengas. Feuerwehrwagen und Strassenbahnen seien mit Steinen attackiert worden. Die Feuerwehr, die zu dutzenden Einsätzen ausrückte, sei zudem am Löschen gehindert worden. Dies teilte die Polizei mit.
Über dem Arbeiterviertel Ostend, wo die neue, 185 Meter hohe Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) direkt am Main steht, kreisten Helikopter. Permanent waren Sirenen zu hören. Kindergärten und Schulen in der Gegend haben ihre Tore erst gar nicht aufgemacht, die Stadtautobahn war gesperrt, Strassenbahn- und Busverkehr eingeschränkt.
Tweets zu #blockupy
«Gewalt nicht Teil des Occupy-Konsens»
Die Organisatoren des Protests distanzierten sich von der Gewalt. «Wir haben uns den Tag anders vorgestellt», sagte eine Sprecherin. Die militanten Proteste stellten die friedlichen Demonstrationen in den Schatten. Sie seien «nicht Teil des Occupy-Konsens».
Für die Demonstranten der Bewegung Blockupy ist die neue EZB-Zentrale das Symbol einer völlig verfehlten Krisenpolitik in den südlichen Euro-Ländern. Sie werfen der EZB vor, mit ihrer Politik die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher zu machen. «Es gibt nichts zu feiern an Sparpolitik und Verarmung!» heisst es im Protest-Aufruf der Bewegung.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte zu einer Demonstration aufgerufen. Rund 1000 Menschen versammelten sich zum Protestmarsch. Der Stadtverbandsvorsitzende des DGB kritisierte die schweren Gewalttaten vom Morgen: «Das ist total kontraproduktiv.»
#Blockupy-Protesttag: Auf Zerstörungswut folgt friedliche Demo
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Bild 1 von 13. Vor der Grossdemo in Frankfurt. «Take the Square» schreibt auf Twitter: «Noch zwei Stunden vor der #Blockupy-Demo und der Römer ist bereits voll.». Bildquelle: Twitter.com/takethesquare.
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Bild 2 von 13. Andere ärgern sich über die Zerstörungswut am Morgen und mahnen auf Twitter. Bildquelle: Twitter.com/vonblanc.
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Bild 3 von 13. Zwischen Krawallen am Morgen und Grossem am späten Nachmittag: Die Frankfurter Polizei rückte mit einem Grossaufgebot aus. Mehr als 80 ihrer Kollegen wurden am Morgen verletzt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 13. Ausnahmezustand in der Bankenmetropole: So sah die Frankfurter Innenstadt Morgens um 08 Uhr aus. Bildquelle: mainhattan-webcam.
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Bild 5 von 13. Bilder der Gewalt am Morgen. Wieder brannten Reifen, wieder fuhren Wasserwerfer auf. Seit eineinhalb Jahren hatte sich die Protestszene auf die EZB-Eröffnung vorbereitet. Die Organisatoren sagten am Vormittag: «Wir haben uns den Tag anders vorgestellt.» Die militanten Proteste seien «nicht Teil des Occupy-Konsens». Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 13. Sieben Polizeiwagen brannten in der Bankenmetropole aus. Eine Polizeisprecherin sagte am frühen Morgen: «Die Atmosphäre ist aggressiv.» . Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 13. Auch die zu Hilfe eilenden Feuerwehren wurden teilweise angegriffen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 13. Der Protesttag richtet sich gegen die Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank. Kapitalismus-Kritiker finden, diese helfe den Reichen, während den Armen immer neue Spardiktate vorgesetzt würden. Gleichzeitig weiht die EZB mitten in der Krise ihren milliardenschweren Neubau am Mainufer ein. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 13. Sie haben am Morgen grossen Schaden verursacht, die Krawallmacher von Frankfurt. Die meisten der Demonstranten waren friedlich unterwegs. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 13. Während schwarz Vermummte Polizeiautos anzündeten, riefen Demonstranten in Clown-Kostümen: «Auf geht's zur Party!». Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 13. Tag der Wut in Frankfurt am Main. Bei Tagesanbruch marschierte nicht nur der friedliche Teil der Protestszene vor den EZB-Sitz. Unterwegs war auch ihr gewaltbereiter Teil. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 13. Und der Pulk hielt sich nicht zurück. Das Resultat: Autos gehen in Flammen auf, Scheiben zu Bruch. Schulen machen für den Tag dicht – aus Angst vor den Krawallmachern. Bildquelle: Reuters.
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Bild 13 von 13. Zielscheibe Kleidergeschäft statt Kapitalismuskritik: Während die einen ihre Kritik friedlich äussern, lassen andere ihrer blinden Zerstörungswut freien Lauf. Bildquelle: Keystone.