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International Gabor Hirsch: Überleben in Auschwitz – und ein Leben danach?

Im Sommer 1944 wurde der ungarische Jude Gabor Hirsch 14-jährig ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Dorthin, wo mehr als eine Million Menschen ermordet wurden. Hirsch überstand das Vernichtungslager dank Glück und List. Er schildert, wie aus Schweigen Erinnern wurde.

«Es ist eine Zeit, auf die ich kaum mehr zurückblicken kann», sagt Gabor Hirsch über sein knappes halbes Jahr in Auschwitz-Birkenau. Zu geschwächt sei er gewesen, abgemagert bis auf die Knochen, dem polnischen Winter schutzlos ausgesetzt.

Eine Erinnerung aus den Tagen der Befreiung blieb ihm jedoch. In mehreren Etappen brachte sich das Lagerpersonal vor der heranrückenden Roten Armee in Sicherheit. Zurück blieben diejenigen Insassen, die zu entkräftet für den Todesmarsch Richtung Westen waren. Darunter Gabor Hirsch, der im Spitallager wartete, ob auf Rettung oder Tod, war ungewiss.

Der Tod kommt zurück ins verlassene KZ

Das Leben nach Auschwitz

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Nach dem Einmarsch der Sowjets 1956 flüchtete Hirsch aus Ungarn in die Schweiz, schloss an der ETH sein Studium ab und heiratete. Vor 20 Jahren gründete er die Kontaktstelle für Holocaust-Überlebende. Im Gespräch mit Historikern, Leidensgenossen, der Arbeit in Archiven und Vorträgen an Schulen arbeitete er seine Vergangenheit neu auf.

Nach ein paar Tagen kamen Angehörige der SS-Totenkopfverbände zurück. Ihr Auftrag: die Spuren der eigenen Mordmaschinerie beseitigen: «Sie sprengten die Gaskammern, die Krematorien und liessen tags darauf die verbliebenen Lagerinsassen ein letztes Mal antreten», erinnert sich Hirsch.

Zu einem Häuflein Mensch geworden, rettete sich der 14-Jährige mit einer List. Er versteckte sich, nach drei Tagen kamen die Rotarmisten, und mit ihnen die Rettung.

Deportation kurz vor Kriegsende

Hirschs Erinnerung an damals ist zwar verblasst. Mit sich trägt er aber nach wie vor seine Häftlingsnummer: B14781 ist auf dem Unterarm des heute 85-Jährigen tätowiert. Sinnbildlich für die blindwütige Vernichtungsmaschinerie, die nicht Individuen, sondern Nummern auslöschte – und ein Mahnmal dessen, was Menschen Menschen antun können.

Hirsch war einer ungarischen Juden, die lange vom industriellen Morden der Nazis verschont geblieben waren. In den letzten Zügen des Dritten Reiches wurden sie doch noch deportiert, zu Hunderttausenden. Im Frühling marschierte die Wehrmacht in Ungarn ein. Wenige Wochen später fuhren die ersten Züge in die Vernichtungslager.

Der Sinn des Erinnerns ist, dass so etwas nicht wieder geschieht.

Der jugendliche Gabor wurde mit seiner Mutter und seiner Grossmutter, zwei Tanten und drei Cousins nach Auschwitz deportiert, zusammen mit 80 anderen Menschen, eingepfercht in Viehwagen. Mit ihnen wurden 3000 weitere Juden aus ihrer Heimat Békéscsaba, südöstlich von Budapest, verschleppt.

Unter Todgeweihten

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Einmal angekommen, wurde er von seiner Familie separiert. «Männer und Frauen wurden getrennt, die deutschen Offiziere selektierten die Arbeitsfähigen, darunter auch mich.» Das rettete ihn vor dem sofortigen Tod in der Gaskammer. Seine Mutter starb wenige Wochen später im KZ Stuffhof. Todesursache unbekannt. Gabor blieb währenddessen in Auschwitz.

Zwei Mal wurde er als nicht arbeitsfähig eingestuft, was gleichbedeutend mit dem sicheren Tod war. Lagerarzt Mengele, später einer der meistgesuchten Nazi-Verbrecher, stellte eine Latte von 1.50 Meter Höhe auf. Unter den 600 Todgeweihten, allesamt zu kleingewachsen, war auch Hirsch. Er wurde aber, wie 21 andere, wieder entlassen. Später erreichte sein Cousin, Laufbursche in einem anderen Block, eine lebensrettende Block-Verlegung für Gabor.

Das Schweigen und das Erinnern

Auf die Befreiung folgte der absurde Gang zurück in die Normalität des Alltags. Alle, auch die nicht-jüdische Bevölkerung in Ungarn, habe unter dem Krieg gelitten, blickt Hirsch zurück. «Am Anfang war es schwer, ich bin oft in Tränen ausgebrochen. Man sprach kaum über die Erlebnisse. Es musste irgendwie weitergehen. Ich ging in die Schule, holte das Verpasste nach.»

Er wisse wenig darüber, wie sein Vater, der im militärischen Arbeitsdienst der Nazis war, diese Zeiten überlebt habe. Viele Mitbürger schwiegen. Bis heute haben viele Ungaren, die auch mit den Nazis kollaborierten, ein ungeklärtes Verhältnis zur eigenen Kriegsschuld.

Der Sinn des Erinnerns

Das Schweigen erfasste auch Hirsch selbst. «Das erste Mal habe ich mich mit dem Geschehenen auseinandergesetzt, als wir 1990, gemeinsam mit unserem älteren Sohn, nach Polen gereist sind. Kurz vor Auschwitz fragte man mich, ob ich über meine Vergangenheit sprechen kann. Es war sehr emotional, als ich zum ersten Mal über meine Mutter sprach.»

Die Erinnerung an die Schrecken von damals ist für Hirsch mehr als persönliche Trauma-Bewältigung: «Der Sinn des Erinnerns ist, dass so etwas nicht wieder geschieht. Wenn ich sehe, was in der Ukraine, Ruanda oder Syrien passiert, befürchte ich, dass die Menschheit nie wirklich dazu lernen wird.»

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