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Heute Abend im Kanzleramt erwartet: die Präsidenten Putin, Poroschenko und Hollande.
Legende: Heute Abend im Kanzleramt erwartet: die Präsidenten Putin, Poroschenko und Hollande. Keystone/Archiv

International Geringe Erwartungen an Putin-Besuch

Wenn Kreml-Chef Putin am Abend auf Einladung von Kanzlerin Merkel in Berlin eintrifft, wird es in erster Linie um eine Standortbestimmung in der Ukraine-Krise gehen. Resultate seien vom Gipfel mit Staatschef Poroschenko und Präsident Hollande nicht zu erwarten, sagt SRF-Korrespondent Peter Voegeli.

Klare Ansage von Russland

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Russland erwartet von den Ukraine-Verhandlungen in Berlin eine konstruktive Analyse der Lage im Kriegsgebiet Donbass. «Das Ziel ist, zu schauen, wo wir stehen, und festzustellen, was uns an der Umsetzung des Minsker Abkommens hindert», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau: «Einen Durchbruch erwarten wir nicht.» (DPA)

Deutschland und Russland sind durch ihre Geschichte verbunden. Beim Ukraine-Konflikt spielte Deutschland denn auch von Anfang an eine wichtige Rolle als Vermittler. Doch seit Russland in Syrien mitkämpft, ist Deutschlands Stimme stiller geworden. Mit der Einladung an die Adresse Putins zu einem Gipfel in Berlin macht Kanzlerin Merkel wieder einen Schritt. Einschätzungen von SRF-Korrespondent Peter Voegeli in Berlin.

SRF News: Deutschland hat ein emotionales, wenn auch gespaltenes Verhältnis zu Russland. Warum lädt Kanzlerin Merkel den Kreml-Chef gerade jetzt ein?

Peter Voegeli: Berlin hat die die Erfahrung gemacht, dass nur Treffen auf höchster Ebene eine gewisse Bewegung auslösen können. Merkel sprach in den letzten Tagen von Sanktionen, jetzt redet sie mit Putin. Das gibt ihr eine Zustimmung von «Falken und Tauben», vor allem mit Blick auf den EU-Gipfel von Donnerstag und Freitag. Sie möchte die verschiedenen EU-Lager zusammenhalten. Nicht zuletzt muss Deutschland aus dem derzeitigen OSZE-Vorsitz etwas machen. Putin seinerseits nimmt Deutschland ernst. Kein anderer Regierungschef hat so oft mit Putin telefoniert wie die deutsche Kanzlerin.

Saudi-Arabien bombardiert in Jemen eine ganze Hochzeitsgesellschaft, aber über Sanktionen spricht man in Deutschland nicht. Wird Russland strenger beurteilt?

Peter Voegeli

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Peter Voegeli ist seit Sommer 2015 SRF-Korrespondent in Deutschland. Er arbeitet seit 2005 für Radio SRF, zunächst als USA-Korrespondent, danach als Moderator beim «Echo der Zeit» .

Das ist ein sehr berechtigter Einwand. Saudi-Arabien ist eben ein wichtiger Rüstungspartner für Deutschland, auch wenn die Ausfuhr von Ersatzteilen für das Sturmgewehr 36 und der Verkauf von Leopard-Panzern unterbunden wurden. Die Saudis sind auch strategische Partner, während Russland zurzeit eher als strategischer Gegner bewertet wird. Deutschland macht zudem geltend, dass Sanktionen gegen Saudi-Arabien ohne die Beteiligung von Briten und Amerikanern nicht viel Sinn machten.

In Syrien stehen sich auf diplomatischer Ebene Russland und die USA gegenüber. Welche Rolle kann Deutschland als starker Staat innerhalb der EU spielen?

Deutschland hat traditionell einen guten Stand im Nahen Osten und wird geschätzt. Das gilt vor allem auch für den gut vernetzten Bundesnachrichtendienst. Aber der Einfluss Deutschlands ist begrenzt, militärisch sowieso, aber auch politisch. Die USA halten sich weitgehend heraus. Diese Lücke kann auch Deutschland nicht füllen. Immerhin sieht Russland die Deutschen auf Augenhöhe. Vielleicht kann Berlin als ehrlicher Makler in beiden Konflikten agieren.

Was wäre das bestmögliche Resultat dieses Treffens?

Es wird nichts herauskommen. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» hat es sehr schön formuliert: Es sind die niedrigsten Erwartungen auf höchster Ebene.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

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