77‘000 Migranten sind seit Jahresbeginn in Griechenland angekommen, die meisten auf den Inseln Lesbos, Samos oder Chios. Auf Chios nimmt heute mit Verspätung ein zweites Registrierzentrum den Betrieb auf. Die Anlagen einer früheren Fabrik nehmen 1100 Menschen auf.
Der erste der fünf von Griechenland bis Ende 2015 versprochenen «Hotspots» steht auf Lesbos. Drei weitere Anlagen auf den Inseln Samos, Leros und Kos sind noch im Bau.
SRF News: Werden die neuen Registrierzentren an der Lage etwas ändern?
Rodothea Seralidou: Mit den Hotspots wird die Registrierung schneller und organisierter ablaufen, so dass die Flüchtlinge nicht lange auf den Inseln warten müssen. Es wollen sich bekanntlich vor allem jene nicht registrieren lassen, deren Herkunftsländer nicht als Kriegsgebiete gelten wie etwa Marokko, Algerien und Bangladesch. Sie werden aber nicht darum herumkommen, denn ohne Registrierung kommen sie nicht weiter. Schon jetzt können sie ohne Bescheinigung kein Ticket für die Fähre von der Insel nach Athen lösen.
Was sind die bisherigen Erfahrungen mit dem Hotspot auf Lesbos?
Auf Lesbos gab es enorme Anlaufschwierigkeiten. Man war zu wenig vorbereitet. Es fehlte an Personal, Geld und genügend Eurodac-Geräten zum Einscannen der Fingerabdrücke. Damit gab es bis zum November, als täglich bis zu 10‘000 Flüchtlinge ankamen, riesige Staus. Die Menschen mussten tagelang unter teilweise katastrophalen Bedingungen warten.
Mit dem Winter und weniger Ankömmlingen ist eine gewisse Entspannung eingetreten. Es gibt zudem mehr Frontex-Mitarbeiter zur Unterstützung der griechischen Beamten und mehr Eurodac-Geräte. Wie es sein wird, wenn wieder Zehntausende kommen, weiss man nicht. Damit rechnen aber Experten bei freundlicherem Wetter.
Die EU macht Druck mit den Hotspots. Warum ist die Registrierung so wichtig?
Mit der EU-weiten Registrierung wird quasi eine europäische Akte für jede Person angelegt. Man weiss, wer wann von wo in die EU gekommen ist. Bisher registrierten die griechischen Beamten die Flüchtlinge oftmals manuell. Letztere bekamen einen handgeschriebenen Zettel und konnten sich auf ihrer Reise nochmals registrieren lassen und andere Daten angeben. Das will die EU bekämpfen und macht entsprechend Druck für die Fertigstellung der Hotspots.
Europa setzt also stark auf die Registrierung. Ist die Hoffnung berechtigt?
Das hängt vor allem von der Zahl der ankommenden Flüchtlinge ab. Die Hotspots werden sich bei besserem Wetter und steigenden Zahlen erst noch bewähren müssen. Viel hängt aber auch vom Willen der Staaten ab, beim europäischen Umverteilungsprogramm mitzumachen, mit welchem 160‘000 Menschen aus Griechenland und Italien direkt in andere EU-Länder reisen könnten.
Syrische Flüchtlinge beispielsweise können nach der Registrierung am Programm teilnehmen. Nur gut 100 Flüchtlinge aus Griechenland wurden bisher aber tatsächlich umverteilt. Das Projekt «Hotspot» wird somit als ganzes nur erfolgreich sein, wenn sich alle EU-Länder die Verantwortung teilen.
Das Gespräch führte Tina Herren.