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International «Hoffnungen auf Demokratie bleiben»

In Ägypten geht die Armee brutal gegen Islamisten vor. Gleichwohl plädiert der deutsch-ägyptische Publizist Hamad Abdel Samad für eine lange Übergangszeit unter dem Militär. Denn diese verhelfe dem Volk langfristig in eine Demokratie.

In Ägypten ist die Gewalt zwischen dem Militär und der Muslimbruderschaft explodiert. Nach Zusammenstössen starben in Kairo mindestens 72 Menschen, hunderte wurden verletzt. Auffallend brutal gingen die Sicherheitskräfte gegen Islamisten vor. Dennoch campieren immer noch Tausende Anhänger von Mursi in Kairo, um gegen die Absetzung des Ex-Präsidenten zu demonstrieren. Steht Ägypten am Rande eines Bürgerkriegs?

Mehr Macht für die Armee

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Das ägyptische Militär könnte bald Zivilisten verhaften. Übergangspräsident Adli Mansur übertrug seinem Regierungschef Hasem al-Beblawi die Befugnis, dem Militär die Verhaftung von Zivilisten zu erlauben.

«Meine Hoffnungen auf Demokratie bleiben», sagt Publizist Hamad Abdel Samad zu SRF. Aber es brauche viel Zeit. Samad ist ein dezidierter Kritiker der Islamisten. Diese belegten ihn dafür mit einem Mordaufruf.

In Ägypten habe es viele Schichten der Diktatur gegeben, die nicht überwunden wurden. «Wir hatten als oberste Schicht den Clan von Mubarak.» Darunter sei die religiöse Diktatur der Muslimbrüder gewesen und unter dieser die Militärdiktatur. Bevor eine Demokratisierung stattfinden könne, müsse die Gesellschaft nun mit jeder dieser Schichten umgehen können.

Armee und Bevölkerung: eine Zweckgemeinschaft

Die Macht des Militärs sei heute aber nicht mehr die gleiche wie früher. Die Armee könne nicht mehr machen, was sie wolle, sagt Samad. «Die Mentalität der Menschen in Ägypten hat sich wahnsinnig geändert.» Früher habe sich das Militär nicht darum gekümmert, die Massen zu gewinnen. Die Masse sei unkritisch und apolitisch gewesen.

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«Mittlerweile haben wir es mit einer sehr politisierten Gesellschaft zu tun. Innerhalb von 30 Monaten hat sie zwei Präsidenten zum Sturz gebracht», so Samad. Das Militär wisse, dass man zusammen mit diesen Massen arbeiten müsse.

Laut Samad gibt es zwischen der Bevölkerung und der Armee eine gemeinsame Basis: Die innere Sicherheit und die Wirtschaft. Zwischen der Bevölkerung und den Muslimbrüdern habe es diese Basis nie gegeben. «Aber diese zwei Faktoren sind die Voraussetzung für die Demokratie», sagt der Publizist weiter.

«Die Armee versucht jetzt eine Brücke zur Bevölkerung zu schlagen, um die eigenen Ziele zu realisieren und die politischen Gegner auszuschalten. Das trifft sich gut mit den Interessen der Bevölkerung. Auch diese versucht die Armee zu benutzen, um die eigenen Ziele zu erreichen: die Islamisten zu beseitigen und den Aufbau des Landes wieder zu ermöglichen.»

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