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International Tote bei brutalen Krawallen in Ägypten

Die Gewalt in Ägypten nimmt kein Ende: In der Nacht wurden in Kairo dutzende Menschen getötet, und auch in Alexandria waren Opfer zu beklagen. Die Angaben über die Zahl der Opfer unterscheiden sich allerdings je nach Quelle stark.

Bei Zusammenstössen von Islamisten und Sicherheitskräften sind am frühen Morgen in Kairo wohl Dutzende Menschen getötet worden. Ein Sprecher der Muslimbrüdet sprach von 66 Toten und sagte, 61 weitere Menschen seien hirntot. Sie würden nur noch mit Maschinen am Leben gehalten. Dazu kämen mehr

als 4000 Verletzte.

Das ägyptische Gesundheitsministerium sprach zunächst von 65 Toten und 239 Verletzten.

Eine Strasse im Morgengrauen, Schwaden von Tränengas. Ein Mann mit Schild rennt gebückt über die Strasse.
Legende: Vor allem in der Nasr-Strasse spielten sich in der Nacht blutige Szenen ab. Reuters

Der blutige Konflikt ereignete sich in der Nasr-Strasse, die zum Protestlager der Muslimbruderschaft vor der Raba-al-Adawija-Moschee führt. Tausende Anhänger der islamistischen Organisation lagern dort seit mehr als drei Wochen. Sie protestieren gegen Mursis Absetzung durch das Militär am 3. Juli. Was die Zusammenstösse am Rande des Protestcamps ausgelöst hat, war zunächst unklar.

Drmatische Szenen im Lazarett

Im Feldspital der Muslimbruderschaft spielten sich am Morgen nach Angaben ägyptischer Reporter dramatische Szenen ab. Immer wieder wurden Tote und Schwerverletzte gebracht. Die Ärzte kamen mit der Versorgung der Verwundeten kaum nach.

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Der Sprecher der Bruderschaft, Gehad al-Haddad, erklärte verbittert: «Sie (die Polizisten) schiessen nicht, um zu verwunden, sondern um zu töten.» Am Freitag hatten in ganz Ägypten Hunderttausende Menschen für und gegen die Entmachtung Mursis demonstriert.

Innenminister Mohammed Ibrahim kündigte unterdessen in einem privaten Fernsehsender an, dass in Kürze die Pro-Mursi-Proteste in Giza vor der Kairoer Universität und in Nasr City «legal» aufgelöst werden sollten. Anwohner hätten sich über die Demonstrationen beschwert.

Catherine Ashton, die Aussenbeauftrage der EU, bedauert den Gewaltausbruch in Ägypten. Sie ruft über ihre Sprecherin alle Seiten dazu auf, die Gewalt zu stoppen. Auch die britische Regierung verurteilte die Gewalt gegen Demonstranten in einer Mitteilung.

Demonstrationszug angegriffen

Während die Islamisten fast täglich gegen den «Putsch» demonstrieren, hatte das Militär erstmals seit dem Umsturz die eigenen Anhänger auf die Strasse gerufen. Armeechef Abdel Fattah al-Sisi wollte sich damit eine Art «grünes Licht» geben lassen, um noch schärfer gegen die demonstrierenden Muslimbrüder vorzugehen. Die Demonstrationen am Freitag und in der darauffolgenden Nacht verliefen weitgehend friedlich.

Lediglich in der Mittelmeerstadt Alexandria wurden neun Menschen getötet, nachdem bewaffnete Zivilisten einen Demonstrationszug der Islamisten angegriffen hatten. Verletzte gab es auch bei Zusammenstössen in einem Kairoer Armenviertel und im Nildelta.

Mursi wird seit dem Umsturz vom Militär an einem nicht bekannten Ort festgehalten. Seit Freitag ist er formell in Untersuchungshaft und wird des Landesverrats beschuldigt. Darüber hinaus wurden mehrere Mitglieder der Führung der Muslimbruderschaft und rund 600 weitere Funktionäre verhaftet.

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