Die jährliche Rede von Jacob Zuma zur Lage der Nation war geprägt von Zwischenrufen und Sprechchören. Abgeordnete der Opposition versuchten auf diese Weise die Ansprache des südafrikanischen Präsidenten zu verhindern. «Das Ziel der Opposition war ganz klar, Zuma öffentlich vorzuführen», sagt die Journalistin Leonie March gegenüber SRF News. Die Parlamentspräsidentin verwies daraufhin zwei Oppositionsparteien des Plenarsaals. Kurz zuvor war es im Stadtzentrum von Kapstadt auch zu Zusammenstössen zwischen oppositionellen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen.
Parlamentsumzug von Kapstadt nach Pretoria?
In seiner Rede ging Zuma auf die fatale Wirtschaftslage Südafrikas ein. Das Land habe sich immer noch nicht von der globalen Rezession der Jahre 2008 bis 2009 erholt. Zudem werde das Wachstum von gefallenen Rohstoffpreisen und Stromausfällen gebremst.
Vor allem versuchte Zuma aber die positiven Punkte zu betonen. «Er ging ausführlich auf all das ein, was der Regierung im vergangenen Jahr angeblich gelungen sei», sagt March. So erklärte Zuma auch, dass sich die historische Schwäche des Rand auch positiv auf den Tourismus auswirken könnte.
Mit einer Reihe von Sparmassnahmen will der Präsident der schwachen Wirtschaft Gegensteuer bieten. Auslandsreisen von Regierungsmitgliedern sollen demnach stark eingeschränkt werden. Zudem wird eine Verlegung des Parlaments von Kapstadt an den Regierungssitz in Pretoria in Betracht gezogen.
Umstrittene Renovation der Privatvilla
Dass Zuma postulierte, die Vergeudung von öffentlichen Geldern müsse ein Ende finden, sorgte wiederum für Zwischenrufe der Opposition. Denn die Präsidentschaft des 73-Jährigen wird von Anbeginn von Korruptionsvorwürfen und der Verschwendung von Steuergeldern begleitet. Unter anderem wird die kostspielige Luxussanierung seiner Privatvilla auf Staatskosten angeprangert, womit sich auch das Verfassungsgericht befasste. Das Urteil des Gerichts ist jedoch noch ausstehend. Als Konsequenz droht Zuma ein Misstrauensvotum oder gar ein Amtsenthebungsverfahren.
«Präsident Zuma ist deutlich angeschlagen», bilanziert Journalistin March. Die Stimmung in der Bevölkerung sei sehr angespannt und die Menschen würden extrem unter der Wirtschaftskrise, zu welcher zusätzlich eine Dürrekatastrophe komme, leiden.
Entscheidende Regionalwahlen im Sommer
Ob Zuma aber tatsächlich die Quittung bei den Regionalwahlen im Sommer bekomme, sei unklar. Vielen Menschen würde es an einer politischen Alternative fehlen. Von den Oppositionsparteien fühlten sich viele Südafrikaner nicht vertreten und eine Koalitionsregierung werde als Unsicherheitsfaktor angesehen. Zudem sei die Zahl der Nicht-Wähler in den letzten Jahren angestiegen. «Vor allem junge Südafrikaner gehen nicht zu den Wahlen», erklärt March.
Von den Regionalwahlen wird auch abhängen, wie fest der Rückhalt für Zuma bei seiner eigenen Partei, dem ANC, künftig sein wird. Offene Kritik oder Flügelkämpfe gibt es laut March nicht. Hinter den Kulissen tobe aber bereits ein Nachfolgekampf im Hinblick auf die Wahl des neuen ANC-Präsidenten im nächsten Jahr.