In Griechenland haben die Behörden gestern mehrere Abgeordnete der rechtsradikalen Partei Goldene Morgenröte formell angeklagt. Dies nachdem vor zwei Wochen ein Parteimitglied einen linksgerichteten Musiker ermordet haben soll. Unter den Angeklagten ist auch der Parteichef Nikos Michaloliakos.
Von den Angeklagten sind bis Prozessbeginn drei wieder aus der Haft entlassen worden. Warum diese Freilassungen? «Um diese drei Mitglieder der Partei Goldene Morgenröte in Untersuchungshaft halten zu können, war wohl die Anklageschrift nicht ausreichend», erklärt die Journalistin Corinna Jessen. Es habe nicht klar nachgewiesen werden können, dass sie direkt mit dem Mord in Verbindung stehen.
Ganze Reihe an Vorwürfen
Die Tat – der 34-jährige Rapper Pavlos Fyssas war am 18. September auf offener Strasse erstochen worden – sorgte weltweit für Empörung. Seither gehen Politik und Justiz in Griechenland gegen die Partei und ihre Anhänger vor. «Das heisst, wenn dann der Prozess eröffnet wird, werden sich die Männer auch für eine ganze Reihe anderer Straftaten verantworten müssen», sagt Jessen.
Dazu gehören Körperverletzung, illegaler Waffenbesitz und möglicherweise auch die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung. Doch um nachzuweisen, dass es sich bei der Goldenen Morgenröte um eine kriminelle Vereinigung handelt, habe man sich in der Anklageschrift zu einseitig auf den Mord an diesem Musiker konzentriert. So lautet die Kritik mehrerer griechischer Juristen.
«Sieg-Heil»-Rufe
Zwei Männer bleiben vorerst in Untersuchungshaft. Bei einem handelt es sich um den Ortsgruppenführer des Athener Stadtteils Keratsini – das ist das Viertel, in dem der Mord vor zwei Wochen begangen worden ist. Gemäss Anrufprotokoll seines Handys hat er verdächtige Telefonate geführt, die möglicherweise dazu dienten, Anweisungen zu dem Mord zu gegeben.
Auch in Untersuchungshaft bleibt der Parteichef Nikos Michaloliakos. Er wurde gestern in Handschellen abgeführt. Er schrie dabei «Sieg-Heil» auf Griechisch (Níki zíto). Ihm wird die Führung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Das heisst, man muss ihm und seiner Partei Goldene Morgenröte nachweisen können, dass die Mitglieder organisiert Straftaten im Verbund begangen haben.
Im Fall Michaloliakos blieb der dringende Tatverdacht für die Untersuchungsrichter bestehen. Der Grund: Der Parteichef war von dem besagten Ortsgruppenführer mittels einer ganzen Reihe von Anrufen über den Mord an dem Rapper, der für seine antifaschistischen Texte bekannt war, in Kenntnis gesetzt worden.
Nachbesserung der Anklage nötig
Trotz vorhandener Anrufprotokolle ist Jessen sicher: «Die Anklageschrift muss wohl noch erheblich nachgebessert werden, um die organisierte kriminelle Struktur dieser Partei nicht nur bei diesem Mord nachzuweisen, sondern auch bei vielen anderen Straftaten.»
Seit ein Parteimitglied der Goldenen Morgenröte des Mordes angeklagt wurde, haben sich rund die Hälfte der Wähler von der drittbeliebtesten Partei Griechenlands abgewandt. Viele hatten nur aus Protest für die Rechtsradikalen gestimmt und haben kein Verständnis für den Fremdenhass und die Gewalt der Anhänger.