Marine Le Pen, die Präsidentin des rechtsextremen Front National (FN), verliert ihre Immunität. Ihr wird vorgeworfen, sie habe zum Rassenhass aufgerufen, als sie das Beten von Muslimen vor einer Moschee mit der Besetzung durch die Nazis verglich.
Die Staatsanwaltschaft in Lyon droht ihr mit einer Anklage wegen «Aufstachelung zu Hass, Diskriminierung und Gewalt gegen eine Gruppe von Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit». Mit der Aufhebung der Immunität haben die Volksvertreter in Strassburg nun den Weg freigemacht für ein Strafverfahren gegen die 44-Jährige.
Wahlkampf-Rede mit Folgen
Hintergrund ist ein Auftritt der Politikerin im Dezember 2010. Vor Parteianhängern hatte sie damals öffentliche Gebete von Muslimen verurteilt und diese mit der Besatzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland verglichen. «Sicher geschieht dies ohne Panzer und ohne Soldaten, aber trotzdem ist es eine Besatzung, und betroffen sind die Einwohner», sagte Le Pen. Die Rede löste in Frankreich grosse Empörung aus.
Die islamfeindliche Äusserung Le Pens sei im Rahmen ihres Wahlkampfes für den Vorsitz des FN gefallen, stellte das Europaparlament fest. Es gebe keinen «unmittelbaren und offenkundigen Zusammenhang» zwischen den in Frankreich erhobenen Beschuldigungen und der Ausübung des Mandats Marine Le Pens im Europaparlament. Somit stehe einer Aufhebung der Immunität nichts im Wege.
In den Fussstapfen ihres Vaters
Le Pen steht damit in der Familientradition. Ihrem Vater und FN-Gründer Jean-Marie Le Pen wurde in den 1990er Jahren dreimal die Immunität entzogen. So hatte er die Gaskammern der Nationalsozialisten als «Detail» der Geschichte bezeichnet, weswegen er in München in Abwesenheit zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.
Die Rechtsanwältin Marine Le Pen wurde im Januar 2011 zur Nachfolgerin ihres Vaters an die FN-Spitze gewählt. Seither bemüht sie sich, mit einem moderaten Auftreten der rechtsextremen Partei ein respektables Image zu verschaffen.
Im ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahl im vergangenen Frühjahr erzielte sie mit 20 Prozent der Stimmen für den FN ein Rekordergebnis. Meinungsumfragen zufolge könnte die rechtsextreme Partei ihren Aufstieg bei den französischen Gemeindewahlen und der Europawahl im nächsten Jahr fortsetzen.