Die Übergangsregierung in Kiew bekommt die Ostukraine nicht in den Griff. Die «Anti-Terror-Operation» der Zentralregierung in Kiew fordert beinahe täglich Verletzte. Ein Schauplatz des Machtkampfes ist die ostukrainische Stadt Slawjansk. Hier kam es erneut zu schweren Gefechten zwischen ukrainischen Regierungstruppen und pro-russischen Separatisten.
Derweil schossen pro-russische Kräfte erneut einen Kampfhelikopter der Regierungstruppen ab. Die Besatzung des Mi-24 habe den Absturz in einen Fluss überlebt, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit.
Die Soldaten seien von einem Spezialkommando in Sicherheit gebracht worden, hiess es. Die Separatisten hätten mit grosskalibrigen Waffen auf die Maschine gefeuert. Bei den Kämpfen um Slawjansk wurden bereits in der vergangenen Woche mindestens drei Helikopter abgeschossen.
Tote auf beiden Seiten
Bei der «Anti-Terror-Operation» gab es auf beiden Seiten Tote. Das Innenministerium machte keine Angaben darüber, wie viele ukrainische Soldaten ums Leben kamen. Pro-russische Separatisten sprachen aus den eigenen Reihen aber von vielen Toten. Ein Sprecher der selbst ernannten Volksmiliz erklärte: «Wir konnten unter grossen Anstrengungen ein Eindringen des Gegners in die Stadt verhindern» Dabei seien aber rund 20 Aktivisten gestorben.
Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow schätzte, dass etwa 800 bewaffnete Separatisten die Stellungen in Slawjansk hielten. «Sie setzen schwere Waffen ein, schiessen mit grosskalibrigen Waffen, benutzen Granatwerfer und sonstige Technik», sagte der Minister. Die Regierungstruppen hätten trotz der Gegenwehr den Fernsehturm der Stadt eingenommen. Nun würden wieder ukrainische Fernsehsender ausgestrahlt.
Mit Militäreinsatz gegen Abspaltung
Kugeln hätten eine Gastankstelle getroffen, die daraufhin explodiert sei, meldete Interfax unter Berufung auf Aktivisten. Ein örtliches Internetportal berichtete, die ukrainischen Truppen würden keine Notarztfahrzeuge durch ihre Absperrungen durchlassen.
In dem strategisch wichtigen Slawjansk mit einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt sind seit Tagen ukrainische Soldaten im Einsatz. Dabei gab es nach offiziellen Angaben bereits zahlreiche Tote. Die «Anti-Terror-Operation» der pro-westlichen Regierung in Kiew soll eine Abspaltung der Ostukraine von der Ex-Sowjetrepublik verhindern.
Odessa – zweiter Schauplatz des Machtkampfs
Angesichts der ebenfalls gespannten Lage in Odessa hat die aus freiwilligen Kräften gebildete Nationalgarde in Kiew eine Sondereinheit in die Metropole am Schwarzen Meer geschickt, wie Innenminister Awakow mitteilte.
Bei einem schweren Brand im Gewerkschaftshaus der Stadt sowie bei Strassenschlachten waren dort am Freitag mindestens 46 Menschen gestorben und mehr als 200 verletzt worden.
Kiew wirft Moskau Kriegstreiberei vor
Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow warf derweil Russland Kriegstreiberei vor. «Es ist ein Krieg gegen unser Land im Gange vonseiten der Russischen Föderation – sowohl im Osten als auch im Süden des Landes», sagte Turtschinow. Russland versuche weiter, die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai «völlig zu destabilisieren». Dabei habe Moskaus Führung im Osten der Ukraine ihre Pläne bereits verwirklicht.
Turtschinow räumte zudem ein, dass es in der Region Sympathien für eine Abspaltung von der Ukraine gebe. Erschwerend komme hinzu, dass die Polizei mit den pro-russischen Kräften sympathisiere.
Russland sieht schwere Menschenrechtsverletzungen
Demgegenüber prangerte das russische Aussenministerium schwere Menschenrechtsverletzungen an. Anhänger der pro-westlichen Regierung würden Gegner mit «Repressionen, physischer Gewalt und offenem Banditentum» einschüchtern, heisst es in einem Bericht. Zudem seien in der Ukraine Ultranationalismus, Extremismus und Neonazismus auf dem Vormarsch.