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Ein Feuerwehrmann löscht Feuer vor einem Gebäude
Legende: Aufräumarbeiten nach der «Tragödie von Odessa». Bei einem Brand sollen über 30 Menschen gestorben sein. Keystone

International «Anfang des Zerfalls der Ukraine»

Immer mehr Tote nach neuen Gewaltakten in der Ostukraine. Moskau macht die Übergangsregierung in Kiew für die «Tragödie von Odessa» mit über 30 Toten verantwortlich. Russlands Präsident fährt derweil auch schweres rhetorisches Geschütz gegen die ukrainische Führung auf.

Russlands Aussenministerium hat inzwischen die ukrainische Regierung für die Strassenschlachten und den Brand eines Gewerkschaftshauses mit zahlreichen Toten in Odessa verantwortlich gemacht.

Auch Washington entrüstet

Die Ereignisse seien auf die Unverantwortlichkeit Kiews zurückzuführen, hiess es. Moskau verurteile das Geschehen scharf, zitierte die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass am frühen Samstagmorgen aus einer Mitteilung des Ministeriums. Die «Tragödie von Odessa» sei ein weiterer Beleg für «Kiews kriminelles Vertrauen auf Gewalt und Einschüchterung».

Die US-Regierung hat die Gewalt in der ukrainischen Schwarzmeerstadt als «unannehmbar» verurteilt. Das US-Aussenministerium forderte die Ukraine und Russland in einer Erklärung dazu auf, gemeinsam «Ruhe, Gesetz und Ordnung» wiederherzustellen.

«Die Gewalt und das Chaos, das zu so vielen sinnlosen Toten und Verletzten geführt haben, sind inakzeptabel», erklärte zudem die stellvertretende Sprecherin des Ministeriums Marie Harf.

Über 30 Tote in Odessa

Bei den schweren Strassenschlachten in der ukrainischen Hafenstadt Odessa sind den Behörden zufolge mindestens 37 Menschen ums Leben gekommen. Zudem seien bei den blutigen Krawallen zwischen prorussischen Aktivisten sowie Anhängern der Übergangsregierung in Kiew etwa 200 Menschen verletzt worden, teilte das Innenministerium der früheren Sowjetrepublik am Samstag mit.

Rund 130 Beteiligte der Ausschreitungen am Freitagabend, bei denen auch das örtliche Gewerkschaftshaus in Brand geraten war, wurden festgenommen. Die Behörden verhängten eine dreitägige Trauer. Die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko reiste nach Odessa, um sich ein Bild von der Lage zu machen, wie ihre Partei mitteilte.

SRF-Reporter: Ukraine kaum zu retten

Der Gewaltausbruch in Odessa «kam nur auf den ersten Blick spontan», erklärte SRF-Korrespondent Christoph Wanner in der Nacht aus Slawjansk. Auch in der südukrainischen Stadt habe es in der Vergangenheit bereits pro-russische und pro-ukrainische Demonstrationen gegeben, die aber jetzt eskaliert seien.

Nach seiner Einschätzung ist «die Ukraine, so wie sie heute besteht, kaum noch zu retten». Die derzeitige Lage sei «eine Art Anfang des Zerfalls», meint Wanner weiter. Die Übergangsregierung in Kiew habe die Kontrolle über das Land «vollkommen verloren». Der Osten dürfte sich seiner Einschätzung nach abspalten. Die Frage sei, wie diese Teilung des Landes genau ablaufen werde. «Mit Sonderoperationen, Panzern und Scharfschützen kann man ein Land nicht retten», so der SRF-Korrespondent weiter.

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