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Aufnahme von Deutschlands Kanzlerin Merkel vor einer EU-Fahne.
Legende: Arbeitet im Krisen-Modus seit 2008: Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Keystone

International «Merkel ist vom Kopf gesteuert und nicht vom Bauch»

Es sind strenge Tage für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel: Die Krisendiplomatie mit Griechenland läuft auf Hochtouren. Wie steckt die erfahrene Politikerin diesen Stress weg? Merkel-Biografin und Journalistin Margaret Heckel im Gespräch.

Margaret Heckel

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Sie ist die Autorin des Bestsellers «So regiert die Kanzlerin». In der Reportage über die deutsche Kanzlerin Angela Merkel verarbeitete sie ihre langjährige Erfahrung als Politikjournalistin, zuletzt als Politikchefin der «Welt», «Welt am Sonntag» und «Berliner Morgenpost». Zuvor leitete sie das Politikressort der «Financial Times Deutschland».

SRF News: Wie geht die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit solchen hektischen Zeiten um?

Margaret Heckel: Angela Merkel ist sehr vom Kopf gesteuert und nicht vom Bauch. Eigentlich hat der Krisen-Modus für sie schon 2008 begonnen und ist unterdessen Alltag. Denn vor der EU-Krise musste sie sich mit der globalen Finanzkrise auseinandersetzen.

In der Griechenland-Krise hat Merkel den Ruf, eine harte Haltung zu vertreten. Sie gilt als strenge Sparpolitikerin. Handelt es sich hier um eine Grundhaltung oder steckt da auch politisches Kalkül dahinter?

Es handelt sich um eine Grundhaltung. Es geht auch nicht ums Sparen für den Selbstzweck. Vielmehr geht es darum, dass die europäischen Staaten ihre Budgets in Ordnung bringen und weniger Schulden machen, um mehr investieren zu können. Für Merkel ist klar, dass Schulden am Beginn dieser Krise standen. Insofern ist Merkel fest davon überzeugt, dass ein europäischer Staat seine Finanzen im Griff haben muss, um künftig mehr investieren zu können. Darum geht es Frau Merkel.

Für Merkel ist klar, dass Schulden am Beginn dieser Krise standen.

Ist Merkel eine harte Verhandlerin?

Definiert man hart als eine Person, die hinsteht und sagt, bis hierher und nicht weiter, dann trifft das nicht auf Merkel zu. Denn sie zeugt immer wieder von Kompromissfähigkeit und wird selten laut, im Gegensatz zu einigen ihrer Kollegen. Merkel hat den Ruf einer «Durchwurstlerin». Ich sehe das aber jeweils eher als einen Versuch der Kanzlerin, irgendwie doch noch weiter zu kommen.

Es gibt kaum Führungsfiguren, die ähnlich lange im Amt sind und somit über eine entsprechende Erfahrung verfügen.

Merkel ist bereits weit gekommen. Sie gilt inzwischen als wichtigste Führungsfigur in der EU. Hat sie das so angestrebt?

Ich denke, das ist eher einfach so gekommen. Merkel ist nun seit zehn Jahren im Amt. Viele ihrer früheren Partner sind inzwischen abgewählt worden. Es gibt kaum Führungsfiguren, die ähnlich lange im Amt sind und somit über eine entsprechende Erfahrung und schliesslich Macht verfügen. Merkel muss mit dieser Verantwortung leben. Alle Niederlagen der EU, die es im Moment gibt, werden primär ihr zugeschrieben.

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Egal wie die aktuelle EU-Krise ausgeht: Merkel wird in Geschichtsbüchern damit in Verbindung gebracht werden. Wie wichtig ist ihr das Bild, das sie hinterlässt?

Das ist sicher nichts, woran ein Politiker Tag und Nacht denkt. Dennoch stellt sich wohl jeder im Hinterkopf die Frage, wie er später mal in Erinnerung gehalten werden wird. Momentan geht es aber in erster Linie darum, irgendwie – und wenn möglich gut – weiter zu kommen.

Das Gespräch führte Lukas Mäder.

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