Drei Monate nach der Parlamentswahl in Tschechien hat das EU-Land eine neue Regierung unter Führung des Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka. Staatspräsident Milos Zeman überreichte den Ministern auf der Prager Burg ihre Ernennungsurkunden.
Der Mitte-Links-Regierung gehören acht Sozialdemokraten, sechs Vertreter der Protestpartei ANO («Ja») und drei Christdemokraten an. «Unser Ziel ist es, eine sozial verträgliche und gerechte Politik zu verwirklichen», sagte Sobotka bei der Angelobung des Kabinetts. Der 42-jährige Ministerpräsident kündigte an, die schwächelnde Wirtschaft des Landes anzukurbeln.
Klare Mehrheit – für tschechische Verhältnisse
Doch steht die Regierung für die dringend nötige Stabilität? «Sie ist es zumindest auf dem Papier», schätzt Marc Lehmann, Osteuropa-Korrespondent von SRF. Im Parlament habe die Regierung den Rückhalt von 111 der 200 Abgeordneten. «Das ist komfortabel für tschechische Verhältnisse», so Lehmann. In der Vergangenheit seien Mehrheiten von einer oder zwei Stimmen keine Seltenheit gewesen.
Doch wenn man genauer hinschaue, sehe man grosse Differenzen innerhalb der Drei-Parteien-Koalition. Die inhaltlichen Vorstellungen weichen stark voneinander ab. Das einzige, was die Parteien verbindet: «Sie sind einigermassen EU-freundlich.» Für Lehmann ist klar: «Sie ist nicht muskulös genug, um Stabilität zu garantieren.»
Milliardär sorgt für Kritik
Als grosse Unbekannte im Dreierbündnis gilt die Protestbewegung ANO des Milliardärs und Medienunternehmers Andrej Babis. Der 59-jährige Politikneuling fordert als Finanzminister Einsparungen bei den staatlichen Ausgaben.
Die Sozialdemokraten um Sobotka wollen indes nach der längsten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Tschechischen Republik ein Konjunkturpaket auflegen. «Viele Beobachter vermuten, dass sich der grossspurige Babis nicht lange mit der Nummer zwei in der Regierung abfinden wird», sagt Lehmann.
Deshalb ist die grosse Frage in Prag: Wie lange hält die Regierung? Lehmann: «Es laufen schon Wetten.» In den letzten 21 Jahren hat es in Tschechien nicht weniger als 12 Regierungen gegeben. Gerade mal eine überlebte die vierjährige Amtszeit. «Es käme einem Wunder gleich, wenn ausgerechnet diese Regierung im Amt bleiben würde», schätzt der SRF-Korrespondent in Prag.