International - Nicht nur der IS ist eine Gefahr für die historischen Stätten
Die antike Oasenstadt Palmyra ist Unesco-Weltkulturerbe. Nun haben Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates IS die Stadt in Syrien eingenommen. Es ist zu befürchten, dass die Islamisten die Kulturstätte zerstören. Doch die Ruinen sind schon länger in Gefahr. Ein Archäologe erklärt, weshalb.
SRF News: Sie haben selbst in Syrien gegraben und geforscht. Zum letzten Mal waren sie 2010 dort, noch vor Kriegsausbruch. Worin besteht die besondere Bedeutung der Stadt Palmyra?
Palmyra ist einzigartig. Auch im Vergleich zu den anderen Ruinenstätten des gesamten Orients aus dieser Epoche.
Mirko Novák
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Der Archäologe ist an der Universität Bern tätig. Während 25 Jahren war er in Syrien an Ausgrabungen beteiligt, bis der Bürgerkrieg dies ab 2011 verunmöglichte. Er forscht unter anderem zur Archäologie Mesopotamiens und der Levante sowie zur Sozialökonomie des Alten Orients.
Mirko Novák: Die Stadt war ein Schmelztiegel. Hier trafen Traditionen aus dem alten Babylonien, der Perser, der Römer und aus dem hellenistischen Orient zusammen. Sie verschmolzen zu einer neuen Kultur. Das macht Palmyra im Vergleich zu den anderen Ruinenstätten des gesamten Orients aus dieser Epoche so einzigartig.
Die Stadt liegt in der syrischen Wüste. Spielt die Lage auch eine Rolle?
Ja, der Zustand der Ruinen ist aufgrund dieser Lage extrem gut. Gut erhalten ist zum Beispiel das organische Material der sehr aufwändig gestalteten Gräber. Aus diesem Grund fasziniert die Stadt Besucher seit jeher. Sie bekamen dort wunderbar konservierte antike Kultur einzigartigen Gepräges zu sehen.
Was konkret konnte ein Besucher besichtigen?
Allein die Umgebung ist faszinierend: Insbesondere wenn ein Besucher im Sommer Palmyra besuchte, betrat er eine Dattel-Oase umgeben von einer wüstenartigen Steppe. Am Rande der Oase konnte er die wunderbaren Baureste besichtigen: Eine mehr als 1,5 Kilometer lange gepflasterte Kolonadenstrasse mit Säulenstellungen und öffentlichen Gebäuden wie Tempel, Bäder, Theater und Militärlager. Der Besucher tauchte in eine unglaublich faszinierende Atmosphäre ein.
In welchem Zustand befindet sich die Stadt heute?
In Palmyra ist die Situation schon seit einiger Zeit kritisch. Allerdings weniger wegen der bewussten Zerstörung der Stätte durch den IS für propagandistische Zwecke, als aufgrund der Kämpfe. In der Stadt kam es seit Beginn des Krieges immer wieder zu Kämpfen, denen auch Teile der Ruinenstätte zum Opfer fielen.
Die Raubgrabungen sind massiv und schlimmer als die Zerstörung aufgrund der Kämpfe.
Ein Problem sind auch die Raubgrabungen.
Ja, die Grabungen sind massiv und schlimmer als die Zerstörung aufgrund der Kämpfe. Hintergrund ist die immer schwieriger werdende wirtschaftliche Lage der lokalen Bevölkerung. Die Plünderung der Kulturgüter und deren Verkauf auf dem Kunstmarkt ist eine der wenigen Möglichkeiten, um noch an Geld zu kommen.
Wie kommen Sie an Informationen über den Zustand der Ruinen in Syrien?
Es gibt verschiedene Netzwerke. Je nach Region funktionieren die Informationsflüsse besser oder schlechter. Insbesondere aus dem vom IS besetzten Gebiet erreichen uns Informationen nur noch spärlich.
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