Das weithin abgeschottete Nordkorea sieht sich nach eigenen Angaben mit der schlimmsten Dürre seit 100 Jahren konfrontiert. Die Trockenheit verursache einen «grossen Schaden für den Agrarbereich», liess die staatlich kontrollierte Nachrichtenagentur KCNA verlauten.
Regime büsst seinen Optimismus ein
Die Agentur nannte vier Provinzen, im Landesinnern und im Osten, in denen die Getreidespeicher schwer in Mitleidenschaft gezogen seien. «Nach Angaben der hydro-meteorologischen Behörde gab es in den westlichen Provinzen Nord- und Süd-Hwanghae keinen Regen», heisst es.
Für SRF-Korrespondent in Südostasien, Peter Achten, sind allein schon diese offiziellen Verlautbarungen ein Zeichen für den Ernst der Lage. «Normalerweise halten sich die Behörden mit negativen Meldungen zurück.» Jetzt würden klare Missstände eingeräumt.
So seien die Wasserstände der Reservoirs auf dem niedrigsten Wert und die Flüsse würden austrocknen. 30 Prozent der Reisfelder seien verdorrt. Die ohnehin prekäre Nahrungsmittel-Situation in Nordkorea dürfte sich dadurch nochmals drastisch verschlimmern.
Fast jedes zweite Kind unterernährt
Südkoreas Verteidigungsminister hatte bereits in der vergangenen Woche geäussert, dass die diesjährige Ernte in Nordkorea im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent niedriger ausfallen könnte, wenn der Regenmangel bis Anfang Juli andauere. Es ist weder klar, wie lange die Dürre bereits anhält, noch wie schlimm die Lage für die Bevölkerung tatsächlich bereits ist.
«Auch im Normalzustand ist ein grosser Teil der nordkoreanischen Bevölkerung arm dran», erklärt Achten in einem Beitrag vorn SRF 4 News. 40 Prozent der Kinder würden schon heute an Unter- oder Falschernährung leiden.Auch für alte Menschen sind die Ernährungsaussichten erschreckend.
China liefert bereits heute die Hälfte der Nahrungsmittel
Das wirtschaftlich marode, aber hochgerüstete Nordkorea ist nach diversen Naturkatastrophen und aufgrund der eigenen Misswirtschaft seit vielen Jahren auf Hilfe von aussen angewiesen, um das eigene Volk ernähren zu können. Der Hauptlieferant China trägt auch ohne die jetzt nötige Katastrophenhilfe 50 Prozent der Nahrungsmittel-Produktion für Nordkorea.
«China wird sicher helfen, auch wenn das Verhältnis zwischen Pjöngjang und Peking nicht mehr ganz so unbelastet ist, wie in früheren Jahren», sagt Achten. Auch das «World-Food-Program» der Vereinten Nationen bietet Hilfestellung, daneben auch NGOs wie die «Caritas» oder «Save the Children».
Kein Problem der technischen Entwicklung
Bereits in den 1990er-Jahren war es im Land zu einer akuten Hungersnot gekommen. Schätzungen zufolge hat diese hunderttausende Nordkoreaner das Leben gekostet. Schuld daran trug auch damals nicht nur die Natur und ihre Katastrophen.
«Das grösste Problem ist die kollektivierte Landwirtschaft», sagt Achten. In diesem zentral gesteuerten System würden viele Bauern ihr Verantwortungsgefühl verlieren. Die Folgen seien Misswirtschaft und Umweltsünden. «Nordkorea täte gut daran, von China zu lernen.» – Der grosse kommunistische Bruderstaat hat die Kollektivierung der Landwirtschaft schon vor Jahren rückgängig gemacht.