Fischer Phyo Win hat keinen Strom, kein fliessendes Wasser, kaum Einkommen – aber er hat seit einem Jahr ein Smartphone. Er zahlt es auf Raten ab, 40 Rappen pro Monat. Das Gerät habe sein Leben verbessert, sagt Phyo, der in einer Bambushütte an einem kleinen Fluss auf dem Land wohnt. «Heute rufe ich meine Käufer an, wenn ich Fische gefangen habe und verkaufe sie dem, der am meisten zahlt.»
Auch in einem buddhistischen Kloster ausserhalb Ranguns vermischen sich Gebetgesang und Handytöne. Der Mönch U Par Mauk Kha erzählt, sein Smartphone verschlinge monatlich 240 Franken, ein Vermögen. «Obwohl ich so viel Geld für's Telefonieren und Surfen ausgebe, spare ich dank dem Telefon Geld und Zeit. Wenn ich ein Treffen mit anderen Mönchen organisieren will, mache ich einfach ein paar Anrufe und muss nicht mehr irgendwo hinfahren.»
Noch vor fünf Jahren konnte sich nur die dünne Oberschicht im Land ein Handy leisten. Damals kostete eine SIM-Karte bis zu 2000 Dollar. Heute kann man sie für 1.50 Dollar kaufen. Auch in den entferntesten Ecken des Landes hätten die Leute heute Empfang, sagt John Jun. Er hat für die Kommunikationsagentur Mileage Communications eine Studie zu Mobilfunknutzung durchgeführt.
Noch heute sind die Infrastruktur und Strassen schlecht.
«Sie können per Smartphone Geld überweisen, Wetterdienste abfragen oder mit ihren Verwandten in der Stadt telefonieren. Heute gibt es Empfang in drei Vierteln des Landes», erklärt Kommunikationsspezialist John Jun. «Bis 2020 soll das gesamte Land mit Mobilfunk und Internet versorgt werden.»
Möglich geworden ist diese Revolution durch die Liberalisierung des Mobilfunkmarktes in Burma 2013. Seither gibt es drei Mobilfunkanbieter im Land: einen staatlichen und zwei private. Einer von ihnen ist der norwegische Anbieter Telenor. Petter Furberg, der Chef von Telenor in Burma, war von der ersten Stunde an mit dabei.
Damals habe es viele Horrorgeschichten gegeben, wie zurückgeblieben das Land sei, viele hätten gestimmt, erklärt er. «Noch heute sind die Infrastruktur und Strassen schlecht, doch wenn wir keinen Strom haben, benutzen wir Dieselgeneratoren, um die Mobilfunktürme am Laufen zu halten; wo es keine Strassen gibt, transportieren wir die Ware auf Büffeln.»
Mit Facebook haben die Leute eine Plattform gefunden, sich zu äussern.
Bis heute haben laut der Weltbank nur 30 Prozent der Bevölkerung in Burma durchgehend Strom. Trotzdem verkauft Telenor gemäss ihrem Chef Furberg monatlich eine Million SIM-Karten und hat bereits 12 Millionen Kunden. Das ist ein enormer Wachstumsmarkt, auch wenn für Telenor noch nicht profitabel.
Anders als in Pakistan oder Bangladesch haben die Nutzer in Burma ältere Handy-Versionen übersprungen und direkt ein Smartphone gekauft. Am meisten nutzen sie Facebook. Smartphone und Facebook hätten die Demokratisierung in Burma beschleunigt, glaubt Kommunikationsspezialist John Jun. «Die Leute getrauten sich nicht aufzumucken. Mit Facebook haben sie eine Plattform gefunden sich zu äussern.»
In einem Land wie Burma, in dem das Internet ein Novum und die alten Machtstrukturen der Armee trotz allem noch intakt sind, birgt diese plötzliche virtuelle Öffentlichkeit auch Risiken. Vor den Wahlen liess das Militär mehrere Facebook-Nutzer verhaften, nachdem sie sich dort kritisch über das Militär geäussert hatten.
Auch vielerorts schwelende religiöse und ethnische Konflikte werden durch die Smartphones und Hassreden auf Facebook angeheizt. Trotzdem gehören die neuen Klingeltöne heute zu Burma wie einst die Protestmärsche. Sie haben mitgeholfen, neue wirtschaftliche, politische und persönliche Realitäten zu schaffen.