SRF News: Im Ukraine-Konflikt wurde eine Waffenruhe vereinbart. War diese Entwicklung abzusehen?
David Nauer: Nein, sie überrascht. Der Konflikt ist in den letzten Monaten regelrecht eskaliert. Es hat zum Teil sehr heftige Kämpfe gegeben, und da war es nicht zu erwarten, dass plötzlich eine Waffenruhe vereinbart wird.
Diese scheint mir wenigstens einigermassen solide zu sein, weil nicht nur die Separatisten und die Ukraine dahinterstehen, sondern auch der Westen und Russland. Das erhöht die Chancen auf eine Beruhigung des Konflikts.
Russland hat ebenfalls Hand geboten für die Waffenruhe. Bedeutet das eine Kehrtwende in der russischen Ukraine-Politik?
Formal hat Russland seine Ukraine-Politik nicht geändert. Seine Position war immer, dass es Gewalt ablehnt. Dennoch scheint mir, dass Russland zumindest gegenwärtig an einer Deeskalation interessiert ist.
Es ist nämlich nicht vorstellbar, dass die Separatisten einer Waffenruhe zustimmen, ohne den Segen aus dem Kreml. Offenbar will Russland, dass sich etwas ändert in der Ukraine. Und zwar in Richtung weniger Gewalt.
Wird diese Waffenruhe nun besser halten als die vorangegangenen?
Das kann man nicht voraussagen. Ich denke, eine gewisse Skepsis ist angebracht. Es ist ja nicht der erste Versuch, die Gewalt in der Ukraine einzudämmen. Bisher ist jede Waffenruhe gebrochen worden – und zwar von beiden Seiten.
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier hat gestern Abend von einem Hoffnungsschimmer gesprochen. Ich denke, diese Formulierung trifft es ziemlich genau. Die Waffenruhe ist ein Hoffnungsschimmer für die Ukraine. Nicht mehr und nicht weniger.
Das Gespräch führte Susanne Schmugge