Adriana Guzman sitzt aufmerksam im Saal der Gewerkschaft Service Employees International. Der US-Präsident redet gerade auf einem grossen Bildschirm. Neben ihr sind weitere Putzfrauen, Gärtner, Fastfood-Angestellte und Einwanderungsaktivisten. Dann kommt der Satz, auf den sie alle warten: Zwei Jahre Schutz vor Ausschaffungen.
«Endlich frei»
Nach der Rede fliessen die Tränen. Guzman ist vor neun Jahren aus Mexiko eingereist. Sie ist eine der rund fünf Millionen Menschen, die sich für das Programm qualifizieren. Denn ihr Sohn ist in den USA geboren und somit US-Bürger.
Sie wisse nicht, ob sie sich freuen solle oder nicht, sagt sie. Sie hat eine zehnjährige Tochter, die in Mexiko geboren wurde und weiterhin riskiert, aufgegriffen und zurückgeschafft zu werden. Guzmans Leben wird sich aber verändern.
«Ich bin endlich frei, einen neuen Job zu suchen», sagt die Frau, die schwarz in einem Restaurant arbeitet. Sie werde sich erstmals frei fühlen in den USA.
Republikaner: «Es droht Anarchie»
Ganz andere Töne bei den Gegnern des Einwanderungsdekrets. Der konservative Sender Fox News warnt. Es droht Anarchie, weil wütende Bürger aufbegehren würden. Denn Barack Obama missachte die Stimmbürger, die an den Midtermwahlen im November die Republikaner gewählt hätten.
Wir im Kongress müssen um jeden Preis die Gesetze und die Verfassung schützen und den Präsidenten bremsen, bevor er ein Monarch wird.
Die Republikaner werfen dem Präsidenten vor, diktatorisch zu handeln und drohen, alles zu unternehmen, um ihn zu zwingen, das Dekret zurückzuziehen. Senator Ted Cruz sagte auf Fox News: «Wir im Kongress müssen um jeden Preis die Gesetze und die Verfassung schützen und den Präsidenten bremsen, bevor er ein Monarch wird.»
Obama droht Klage
Einige, wie der frühere texanische Gouverneur Rick Perry, wollen gegen Obama klagen. Aber die Chancen auf Erfolg sind klein. Obama hatte vor zwei Jahren ein ähnliches Dekret erlassen, bei dem er jungen Menschen, die als Kinder illegal ins Land gebracht wurden, einen zweijährigen Ausschaffungsstopp verschaffte. Die Republikaner klagten vergeblich dagegen.
Destruktive Politik
Im Moment können die Republikaner wenig gegen den Entscheid Obamas tun. Sie könnten in den nächsten Monaten versuchen, dem Justizministerium das Geld zu verweigern, oder die nominierte Justizministerin nicht zu bestätigen. Den Republikanern bleibt der politische Weg. Sie könnten der ganzen Verwaltung, wie im letzten Jahr, das Geld entziehen und sie so teilweise stilllegen. Das hat ihnen aber das letzte Mal geschadet. Ob diese destruktive Politik bei den Wählern diesmal gut ankäme, ist fraglich.
Bumerang für Illegale?
Ihre beste Chance den Ausschaffungsstopp zu beenden, wäre, in zwei Jahren die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen und ins Weisse Haus einzuziehen. Genau davor fürchten sich die Migranten, die jetzt am Programm teilnehmen möchten: dass der Ausschaffungsstopp dann zu Ende geht, und die Behörden aber wissen, wer sie sind und wo sie leben. Hermina Casteianos ist trotzdem glücklich. Die Gewerkschafterin sagt: «Heute ist ein grosser Tag. Wir werden weiterkämpfen, bis es ein Gesetz gibt, dank dem wir auf Dauer hier bleiben können.» Sie beginnt zu rufen: «Si se puede, yes we can.»