Der saudi-arabische Blogger Raif Badawi ist mit dem diesjährigen Sacharow-Preis des Europaparlaments ausgezeichnet worden. Das Parlament zeichnete damit den mutigen Einsatz des 31-Jährigen für Meinungsfreiheit und Toleranz aus.
Damit werde ein «aussergewöhnlich mutiger und vorbildlicher Mann» gewürdigt, betonte Parlamentspräsident Martin Schulz. Zugleich forderte er den saudi-arabischen König auf, den 31-Jährigen unverzüglich freizulassen. Badawi wurde zu zehn Jahren Haft und tausend Peitschenhieben verurteilt, weil er auf seinem Blog den Islam beleidigt haben soll. Die wiederholten Peitschenhiebe können im extremen Fall gar zum Tod führen.
Menschenrechte «mit Füssen getreten»
Badawi müsse die Gelegenheit erhalten, seine in Kanada lebende Familie wiederzusehen und zur Preisverleihung in Strassburg zu kommen, sagte Schulz unter tobendem Applaus der Abgeordneten. Die Beziehungen der EU zu ihren Partnern hingen auch von der Einhaltung der Menschenrechte ab. In Saudi-Arabien würden diese Rechte «mit Füssen getreten», so Schulz weiter.
Die schweizerisch-jemenitische Politikwissenschaftlerin und Aktivistin Elham Manea begrüsst Schulz' deutliche Worte: Es sei positiv, dass Europa endlich über die Lage der Menschenrechte in Saudi-Arabien spreche. «Vorher hat man einfach weggeschaut.»
Plattform zum Austausch von Ideen
Badawi hatte 2008 gemeinsam mit einer saudi-arabischen Aktivistin für Frauenrechte den Blog «Free Saudi Liberals» gegründet – eine Plattform zum Austausch von Ideen zu Politik, Religion und Gesellschaft. Den Behörden des ultrakonservativen Königreichs war dieses Forum von Anfang an ein Dorn im Auge.
2009 wurde gegen den Blogger ein Ausreiseverbot verhängt, ausserdem wurde sein Bankkonto gesperrt. Im Juni 2012 wurde Badawi festgenommen, ein Jahr später erging das erste Urteil gegen ihn: Sieben Jahre Haft und 600 Stockhiebe wegen Beleidigung des Islam.
Ihm wird vorgeworfen, in seinem Blog wiederholt die Religionspolizei für die harte Durchsetzung der in dem wahhabitischen Königreich vorherrschenden strengen Auslegung des Islams kritisiert zu haben.
Baldige Fortsetzung der Prügelstrafe befürchtet
Ein Appellationsgericht verschärfte die Strafe im Mai 2014 auf zehn Jahre Haft, 1000 Stockhiebe und eine Geldstrafe von einer Million Rial (rund 263'000 Franken). Im vergangenen Januar erhielt Badawi vor einer Moschee die ersten 50 Stockhiebe. Dabei wurde er so schwer verletzt, dass die Schläge bis auf weiteres ausgesetzt wurden – wohl auch wegen des weltweiten Protests gegen die barbarische Strafe.
Seine Frau Ensaf Haidar befürchtet nun, dass dem 31-Jährigen schon bald die nächste öffentliche Prügelstrafe bevorstehen könnte. Haidar äusserte die Hoffnung, dass der Preis ein positives Signal für die Freilassung ihres Ehemannes aussenden würde. «Ich hoffe, der Preis wird ihn aufheitern. Als ich vor sechs Tagen mit ihm telefonierte, war er in keiner besonders guten Verfassung».