Seit heute Morgen sitzen in Italien fünf hohe Beamte des Amts für Strassenbau hinter Gittern. Zu ihnen gesellen sich drei Bauunternehmer, ein Anwalt und ein ehemaliger Spitzenbeamter des Infrastrukturministeriums. Ihnen wird vorgeworfen, bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen geschmiert zu haben oder geschmiert worden zu sein.
Noch sind keine Einzelheiten bekannt, doch der Mechanismus ist stets derselbe: Öffentliche Aufträge werden nicht an den günstigsten Anbieter vergeben, sondern an Freunde, Kollegen, oder schlicht an jenen, der unter dem Tisch am meisten Geld für den Auftrag bezahlt hat.
«Pilotieren» und kassieren
Profiteure sind die mit reichlich Geld bestochenen Beamten und die Bauunternehmer, die zu überhöhten Preisen meist schlechte Qualität liefern. Geprellt ist die grosse Mehrheit der Italienerinnen und Italiener, die hohe Steuern zahlen und wenig dafür bekommen.
Der heute aufgeflogene Fall ist nur einer in einer langen Reihe. Zuletzt wurde der Vizepräsident der Region Lombardei verhaftet. Auch hier der Vorwurf: Der Mann aus Berlusconis Partei Forza Italia habe die Vergabe von öffentlichen Aufträgen fürs Gesundheitswesen «pilotiert», wie man hier sagt – den Auftrag also zielstrebig dem teuersten Anbieter zugeführt und dafür fürstlich kassiert.
Landesweiter Missstand
Auffallend ist, dass solche Korruption längst nicht nur im italienischen Süden, sondern auch im Norden vorkommt. In die Skandale verwickelt sind rechte und linke Politiker.
Der heute verhaftete ehemalige Spitzenbeamte des Infrastrukturministeriums ist ein Parteikollege von Premier Matteo Renzi, also Mitglied des sozialdemokratischen Partito Democratico.
Die einzige Partei, die bisher in keine Skandale verwickelt ist, ist jene des Komikers Beppe Grillo. Böse Zungen sagen allerdings, das liege nur daran, dass diese Partei noch jung und erst in wenigen, meist kleineren Städten an der Macht ist.