Sechs Stunden hat der deutsche Kollege in Moskau mit Edward Snowden verbracht, das ausgestrahlte Interview ist 30 Minuten lang.
Zu seiner Motivation, an die Öffentlichkeit zu gehen, sagt Snowden, es habe keine Möglichkeit gegeben, die Missstände innerhalb des Geheimdienstsystems mit irgendeiner Aussicht auf Erfolg zu bekämpfen. Der entscheidende Auslöser sei schliesslich ein Auftritt des amerikanischen Geheimdienstchefs James Clapper vor dem US-Kongress gewesen. Er habe gesehen, wie dieser «unter Eid vor dem Kongress gelogen hat».
Verstösse gegen Bürgerrechte
Da sei ihm – Snowden – klar geworden, jemand müsse die Öffentlichkeit informieren. Denn die NSA verstosse gegen die Bürgerrechte, millionenfach täglich, indem sie Daten von Bürgern sammle, noch bevor irgendein Verdacht gegen sie vorliege.
Was das Ausspähen der deutschen Regierung angeht, meinte Snowden, er wolle keine Einzelheiten nennen, aber es liege ja auf der Hand, dass nicht nur die Kanzlerin überwacht worden sei, wenn der US-Geheimdienst offensichtlich Genaueres über das deutsche Regierungshandeln wissen wollte. «Die Frage ist: Wie logisch ist es, anzunehmen, dass Angela Merkel das einzige Regierungsmitglied ist, das überwacht wurde?», sagt Snowden.
Ähnliches gelte für das Thema Wirtschaftsspionage. Die werde im Ausland nicht nur durchgeführt, wo es um Sicherheitsfragen gehe, so Snowden. Sondern auch dort, wo es generell um nationale US-Interessen gehe. Und auch dies geschehe ohne öffentliche Überwachung durch politische Instanzen. Dabei ist laut Snowden nur US-Präsident Obama in der Lage der Sammelwut der Geheimdienste Einhalt zu gebieten. «Die National Security Agency untersteht allein dem Präsidenten. Er kann ihr Vorgehen jederzeit beenden oder eine Veränderung einleiten», erklärte Snowden.
NSA holt Daten, wo Daten zu holen sind
Zu der in Deutschland ernsthaft diskutierten Möglichkeit, neben dem amerikanisch kontrollierten Internet ein eigenes, europäisches System aufzubauen, sagte Snowden lakonisch: Die NSA hole Daten überall, wo es Daten zu holen gebe.
Was seine eigene Rolle angeht, sagt Snowden, er sei kein Spion für irgendwen, er stelle ja seine Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Er hoffe, es werde irgendwann zu einem Deal mit der US-Regierung kommen, der es ihm erlaube, in die USA zurückzukehren. Aber er könne sich nicht der US-Justiz stellen, da die Verbrechen, die ihm vorgeworfen werden, nicht vor einem regulären öffentlichen Gericht verhandelt würden.
Dabei hat Snowden wenig Hoffnung auf ein Einlenken von Präsident Obama, der einen Prozess gegen Snowden fordert: «Es ist bezeichnend, dass der Präsident sagt, dass ich mich vor einem Gericht verantworten soll, auch wenn er weiss, dass so ein Prozess nur ein Schauprozess wäre.»