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Tsipras spricht im Parlament.
Legende: Tsipras glaubt weiterhin an eine Einigung mit Griechenlands Gläubigern. Keystone

International Tsipras möchte Wunden der Sparpolitik heilen

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras glaubt weiterhin an eine Einigung mit den Geldgebern – eine Vereinbarung könne innerhalb von 15 Tagen erreicht werden, sagte er in seiner Regierungserklärung vor dem Parlament. Zudem stellte Tsipras sein Regierungsprogramm vor.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat sich in einer Rede vor dem Parlament zuversichtlich gezeigt: Er sei überzeugt, dass Griechenland sich mit seinen europäischen Partnern einigen werde, um die Schuldenprobleme zu lösen. Eine Vereinbarung könne innerhalb von 15 Tagen erzielt werden.

Griechenland werde die Regeln der EU akzeptieren, sich aber nicht in eine Rezession stürzen, so Tsipras. Zu den griechischen Positionen in den Verhandlungen gehöre das Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Höchste Priorität habe für seine Regierung aber die Heilung jener Wunden, die die Hilfspakete und die damit verbundene Sparpolitik den Griechen zugefügt hätte.

Tsipras spielt auf Zeit

Statt des bisherigen Hilsprogramms fordert Tsipras ein «Brücken-Programm», um bis Juni Vorschläge für eine Umschuldung auszuhandeln. Und zwar ohne Auflagen wie mit dem bisherigen Rettungsprogramm. Damit wolle Tsipras Zeit und Luft gewinnen, sagt Corinna Jessen gegenüber SRF: «Das neue Programm soll dann mehr den Aufschwung als das Sparen enthalten».

Jedoch wolle Tsipras auch Massnahmen anbieten, die mit den Anliegen der Kreditgeber übereinstimmten. Die Bekämpfung von Steuerflucht und Steuerhinterziehung sowie der Korruption beispielsweise.

Corinna Jessen

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Corinna Jessen bei TV-Schaltung nach Athen mit Mikrofon.

Corinna Jessen ist freie Journalistin in Athen, Korrespondentin für mehrere deutschsprachige Tageszeitungen und Mitarbeiterin des ZDF. Sie ist in Athen geboren und aufgewachsen. Studiert hat sie in Deutschland.

Steuersünder sollen ins Gefängnis

Der Hauptkampf im Land werde sich gegen die Korruption und die Steuervermeidung richten, sagte Tsipras. Dazu werde die Liste grosser Auslandsguthaben überprüft. Firmen und Privatpersonen, die Vermögen verheimlichen, sollen mit Gefängnis bestraft werden.

«Man könnte sagen, Tsipras orientiert sich da bei der Bestrafung von Steuersündern am amerikanischen Vorbild», sagt Jessen.

Ansetzen will Tsipras auch bei der Korruptionsbekämpfung. Insbesondere durch illegale Provisionen im Beschaffungswesen, beispielsweise bei medizinischem Material oder Heizöl, flossen bisher Milliardensummen in private Taschen.

«Da Tsipras' Regierungsmitglieder bisher nicht an der Macht waren, haben sie wenig Rücksicht zu nehmen. Deshalb trauen ihm die Menschen zu, dass er – anders als alle bisherigen Regierungen – in diesem Punkt wirklich durchgreifen könnte.»

Massnahmen gegen politische Radikalisierung

Mit dem Regierungsprogramm steht Griechenland innerhalb der Euro-Gruppe trotz der punktuellen Übereinstimmungen alleine da. Tsipras sei aber nicht nur von der Richtigkeit seines Programms überzeugt, sagt die Griechenland-Korrespondentin: «Er hat ja auch in dem Punkt nicht unrecht, dass eine humanitäre Krise zumindest abgeschwächt werden muss, will man eine Radikalisierung verhindern».

So kündigte Tsipras an, die Wahlversprechen einzulösen und den tausenden Haushalten zu helfen, die Opfer der Sparpolitik geworden seien. Sie sollen gratis Lebensmittel und Energie erhalten. Auch am Mindestlohn von 751 Euro will der Ministerpräsident festhalten, wenn nun auch gekoppelt an das Wirtschaftswachstum.

Spiel mit dem Feuer

Insgesamt sei Tsipras' Politik ein Spiel mit dem Feuer, meint Corinna Jessen. Mit der Ablehnung einer Verlängerung des Hilfsprogramms und der damit verbundenen Auflagen gehe der Ministerpräsident das Risiko eines endgültigen Bruchs mit der EU ein.

Hinzu käme, dass mit der Kündigung des bisherigen Hilfsprogramms unklar sei, wie lange Griechenland bis Juni genügend Geld habe, um die Schuldenkrise zu bewältigen. «Ohne Hilfsprogramm könnten die Kreditgeber Griechenland den Geldhahn immer weiter zudrehen und die Regierung Tsipras damit unter ungeheuren Druck setzen.»

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